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Bildungskrise in Deutschland: Wie steht es um unsere Schulen?

29. Juni 2025 / Zukunft2

Bildungskrise in Deutschland: Wie steht es um unsere Schulen?

Deutschland steht im Bildungsbereich vor erheblichen Herausforderungen.

In den letzten Jahren häufen sich alarmierende Befunde: Die Schulabbrecherquoten bewegen sich auf anhaltend hohem Niveau, während internationale Vergleichsstudien Leistungsrückgänge bei deutschen Schülerinnen und Schülern zeigen.

Defizite in Kernkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Mathematik geben Anlass zur Sorge. Zudem offenbaren sich deutliche regionale Unterschiede im Bildungssystem.

Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Lage der Schulbildung in Deutschland – gestützt auf aktuelle Zahlen und Studien – und fragt nach den Ursachen sowie den Folgen für Bildungssystem, Wirtschaft und Gesellschaft.

Viele Schulabbrecher – ein hartnäckiges Problem

Trotz zahlreicher Bildungsreformen bleibt der Anteil der Jugendlichen ohne Schulabschluss in Deutschland seit Jahren nahezu unverändert hoch. Noch immer verlässt etwa jeder sechzehnte Schüler die Schule gänzlich ohne Abschlusszeugnis – rund 6 % eines Jahrgangs.

Im Jahr 2021 entsprach dies ca. 47.500 Jugendlichen, die ohne Hauptschulabschluss blieben. Seit 2011 pendelt die Quote der Schulabgänger ohne mindestens Hauptschulabschluss konstant zwischen 5,7 % und 6,9 %, eine signifikante Reduzierung wurde demnach in der letzten Dekade nicht erreicht.

Bildungsforscher sprechen von einem „verfestigten Kern“ an Bildungsabbrüchen, der trotz allgemeiner Verbesserungen im Bildungssystem bestehen bleibt. Auffällig ist auch, wer besonders betroffen ist: Jungen beenden die Schule häufiger ohne Abschluss als Mädchen, und ausländische Jugendliche sind öfter betroffen als deutsche.

Zudem findet sich rund die Hälfte der Schulabbrecher an Förderschulen wieder, was auf besondere Unterstützungsbedarfe dieser Gruppen hindeutet.

Auch im europäischen Vergleich steht Deutschland nicht gut da. Nach der Definition der EU zur Quote der „frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger“ (Anteil der 18–24-Jährigen mit höchstens unterem Sekundarabschluss, die keine weitere Schule/Ausbildung absolvieren) liegt Deutschland im unteren Tabellenende: 2022 betrug diese Quote 12,2 %, womit Deutschland den viertletzten Platz unter den 27 EU-Staaten einnimmt.

Nur in wenigen Ländern wie Spanien und Rumänien sind die Werte noch höher. Anders ausgedrückt: In Deutschland steigt mehr als jeder achte junge Erwachsene ohne ausreichende Qualifikation ins Berufsleben ein.

Dabei zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede: In Bayern etwa lag der Anteil der Abgänger ohne Abschluss zuletzt bei rund 5 %, während er in Bremen mit knapp 10 % fast doppelt so hoch war. Tendenzen in den Ländern entwickelten sich unterschiedlich – so konnten einige ostdeutsche Bundesländer ihren Anteil an Schulabbrechern seit 2011 deutlich senken (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt), während er in manchen westdeutschen Ländern wie Bremen, Rheinland-Pfalz oder Saarland gestiegen ist.

Trotz dieser Fortschritte in einzelnen Ländern, so betont die Bertelsmann Stiftung, ist es insgesamt bislang nicht gelungen, die Schulabbrecherquote spürbar zu senken.

Die anhaltend hohe Zahl an Jugendlichen ohne Abschluss hat bereits jetzt spürbare Auswirkungen. 2022 verließen laut Statistiken rund 52.000 junge Menschen die Schule ohne jeden Abschluss. Viele davon finden im Anschluss weder einen Ausbildungsplatz noch eine feste Anstellung.

So sind beispielsweise zwei Drittel der 20- bis 34-Jährigen ohne Schulabschluss auch ohne berufliche Ausbildung, wodurch ihre Arbeitsmarktchancen massiv beeinträchtigt sind. Die Folge:

Unter diesen Ungelernten ist die Arbeitslosenquote sechsmal höher als bei gleichaltrigen Menschen mit Berufsausbildung. Bildungsexperten warnen, dass Deutschland sich angesichts des wachsenden Fachkräftemangels diese „verlorenen“ Jugendlichen kaum leisten kann – jeder junge Mensch, der ohne Abschluss dasteht, fehlt später als Fachkraft.

Leistungsniveau im internationalen Vergleich fällt zurück (PISA-Studien)

Nicht nur bei den Abschlüssen, auch bei den Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gibt es Anlass zur Sorge. Die internationalen Schulleistungsstudien der OECD (PISA) attestieren Deutschland einen deutlichen Leistungsabfall.

In der PISA-Studie 2022 erreichten die 15-jährigen Jugendlichen in Deutschland in allen getesteten Bereichen – Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften – die niedrigsten Werte seit Beginn der PISA-Erhebungen im Jahr 2000. Dieser Befund kommt einem neuen „PISA-Schock“ gleich.

Bildungskrise in Deutschland: Wie steht es um unsere Schulen

Bildungskrise in Deutschland: Wie steht es um unsere Schulen

Deutschland war zwar im Jahr 2018 noch in allen Bereichen über dem OECD-Durchschnitt gelegen, fiel 2022 jedoch auf Durchschnittsniveau zurück. Konkret erzielten die deutschen Schüler im letzten Test 475 Punkte in Mathematik und 480 Punkte im Lesen – im Jahr 2018 waren es noch 500 bzw. 498 Punkte gewesen. Zum Vergleich: Der OECD-Mittelwert lag 2022 bei 472 Punkten in Mathematik und 476 in Lesen. Damit rangiert Deutschland nur noch im Mittelfeld der industrialisierten Länder.

Zahlreiche vergleichbare Staaten wie Kanada, das Vereinigte Königreich oder Polen liegen ebenfalls etwa im OECD-Schnitt und teils knapp vor Deutschland – von den Spitzennationen ganz zu schweigen. Die besten Ergebnisse weltweit erzielen erneut einige ostasiatische Länder wie Singapur, Japan und Korea, die in allen Fächern weit voraus sind. Singapur etwa kommt in Mathematik auf 575 Punkte, was laut OECD einem Vorsprung von drei bis fünf Schuljahren gegenüber dem OECD-Schnitt entspricht. Deutschland liegt von solchen Top-Werten mittlerweile weit entfernt.

Vor allem der Abwärtstrend bereitet Sorgen: In Mathematik sackte das deutsche Ergebnis binnen drei Jahren um 25 Punkte ab – ein deutlich stärkerer Rückgang als im OECD-Mittel (−17 Punkte). Auch in Lesekompetenz gab es ein Minus von 18 Punkten im Vergleich zu 2018.

Diese Verschlechterungen sind statistisch hochsignifikant und lassen sich nur zum Teil mit Pandemieeffekten erklären (dazu unten mehr). Besonders problematisch ist der hohe Anteil leistungsschwacher Schüler: Laut PISA 2022 verfehlten 30 % der deutschen 15-Jährigen in Mathematik das Basis-Kompetenzniveau (Level II) – im Jahr 2018 lag dieser Anteil bei etwa 21 %, 2012 sogar nur bei 18 %.

In Lesen blieben 25 % der deutschen Jugendlichen unter dem Mindestniveau, fünf Prozentpunkte mehr als 2018. Mit anderen Worten erreicht ein Viertel der 15-Jährigen nicht die Fähigkeit, einen längeren Text inhaltlich richtig zu erfassen.

Zugleich ging der Anteil der Top-Leistungen zurück: Nur noch ca. 8–9 % der deutschen Schüler gehörten in Lesen oder Mathematik zur Spitzengruppe (Kompetenzstufen 5 und 6), während es einige Jahre zuvor noch über 10 % waren. Dieses „Zusammenschrumpfen“ der Leistungsspitze bei gleichzeitig wachsender Risikogruppe ist ein Alarmsignal für das Bildungssystem.

Fachleute heben hervor, dass PISA nicht nur Wissenslücken, sondern auch weiterhin erhebliche Chancengerechtigkeits-Probleme in Deutschland offenbart. Bereits der allererste PISA-Schock 2000 deckte einen starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Schülerleistungen auf – und daran hat sich wenig geändert.

So erzielen Jugendliche aus sozial privilegierten Familien im Schnitt über 100 PISA-Punkte mehr als Gleichaltrige aus benachteiligten Verhältnissen; der Abstand ist damit in Deutschland größer als im OECD-Schnitt und seit 2012 nahezu unverändert. Ähnliches gilt für den Migrationshintergrund: Schülerinnen und Schüler ohne in Deutschland geborene Eltern schneiden in Lesen rund 67 Punkte schwächer ab als jene ohne Migrationshintergrund – selbst wenn man Unterschiede im Sozialstatus herausrechnet, bleibt noch ein Rückstand von 40 Punkten.

Diese hartnäckigen Disparitäten deuten darauf hin, dass das Bildungssystem weiterhin nicht gelingt, soziale Startnachteile ausreichend auszugleichen.

Deutschkenntnisse: Schwache Lesekompetenz und Sprachdefizite

Besonders deutlich zeigen sich die Herausforderungen im Bereich der Sprache und Lesefähigkeit. Bereits im Grundschulalter treten hier Defizite zutage: Laut der IGLU-Studie 2021 (PIRLS), einer internationalen Lesestudie für Viertklässler, erreicht in Deutschland jeder vierte Viertklässler nicht das Mindestniveau im Lesen. Mit anderen Worten: Rund 25 % der Kinder in der vierten Klasse können nicht altersgerecht lesen – ein Wert, der sich gegenüber früheren Jahren weiter verschlechtert hat. Seit der ersten IGLU-Erhebung 2001 sind die mittleren Leseleistungen deutscher Grundschulkinder kontinuierlich gesunken. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung vermutlich noch verschärft, aber auch schon zuvor gab es rückläufige Trends. Entsprechend schlecht fällt der internationale Vergleich aus: Deutschland liegt bei der Lesekompetenz der Grundschüler nur im Mittelfeld.

In höheren Klassen setzt sich dieses Bild fort. PISA 2018 hatte bereits gezeigt, dass etwa ein Fünftel der 15-Jährigen als „funktionale Analphabeten“ gelten müssen, da sie grundlegende Lesetexte nicht richtig verstehen konnten – 2022 ist dieser Anteil wie erwähnt sogar auf ein Viertel angestiegen. Zudem zeigt sich, dass Sprachdefizite häufig Hand in Hand mit sozialer Benachteiligung gehen. Viele der leistungsschwachen Leser stammen aus Familien mit geringer Bildung und oft mit Migrationshintergrund.

So ist der Anteil an Kindern, die zu Hause überwiegend nicht Deutsch sprechen, in Deutschland hoch: Bundesweit wächst jedes fünfte Kind im Alter von drei bis sechs Jahren in einem Haushalt auf, in dem ausschließlich eine fremde Sprache gesprochen wird. In Großstädten wie Frankfurt, Berlin oder Bremen liegt dieser Anteil sogar bei etwa einem Drittel. Diese Kinder sind beim Schuleintritt sprachlich im Nachteil – und tatsächlich zeigen Tests, dass sie deutlich häufiger die Mindeststandards verfehlen.

Ein Beispiel liefert Baden-Württemberg: In Vergleichstests der 3. Klasse verfehlten dort im Jahr 2022 50 % der Kinder aus nicht-deutschsprachigen Familien die Mindestanforderungen im Lesen (zum Vergleich: bei allen Drittklässlern waren es 22 %). Fehlende Deutschkenntnisse ziehen sich als Handicap durch die gesamte Schullaufbahn. Bildungsexperten fordern daher seit langem eine intensive Sprachförderung schon im Vorschulalter.

Doch hier hapert es: Obwohl gerade Kinder mit Migrationshintergrund besonders von früher Förderung profitieren würden, besuchen nur 81 % dieser Kinder einen Kindergarten – teils weil Plätze fehlen. Bundesweit mangelt es aktuell an rund 350.000 Kita-Plätzen, was insbesondere in sozial schwächeren Vierteln dazu führt, dass viele Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse eingeschult werden. Diese frühen Rückstände aufzuholen, ist für die Schulen eine enorme Aufgabe.

Die Konsequenzen unzureichender Sprachkompetenzen zeigen sich nicht nur in Deutsch, sondern auch in anderen Fächern. Wer Texte nicht versteht, hat es auch in Mathematik oder Sachfächern schwer. Entsprechend schlagen sich Sprachdefizite in nahezu allen Leistungsstudien nieder – von der Grundschule bis zur Sekundarstufe. Die Kultusministerkonferenz bezeichnet die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen als „Grundstein des Lernens“, der zwingend gesichert sein muss.

Doch gerade hier offenbart sich Nachholbedarf: Neben dem Lesen bereitet auch die Rechtschreibung große Sorgen. Beim IQB-Bildungstrend 2021 (Deutsch und Mathematik in Klasse 4) verfehlten im Teilbereich Orthografie bundesweit 30,4 % der Viertklässler die Mindeststandards, in einigen Ländern (Berlin, Brandenburg) sogar fast die Hälfte.

Das Beherrschen der deutschen Sprache bleibt also für einen beträchtlichen Teil der Schülerschaft eine Baustelle – mit weitreichenden Folgen für ihren weiteren Bildungsweg.

Mathematik: Leistungsrückgänge in Zahlen

Auch in Mathematik sind die Leistungen deutscher Schüler zuletzt spürbar gesunken. Mehrere aktuelle Studien zeigen ein ähnliches Muster: durchschnittliche Ergebnisse gehen zurück, während der Anteil schwacher Leistungen zunimmt. So ergab der IQB-Bildungstrend 2021 für die Grundschulen einen deutlichen Kompetenzverlust in Mathe. Nur gut die Hälfte (54,8 %) der Viertklässler erreichte den Regelstandard, also die Regelanforderungen des Lehrplans für die vierte Klasse.

Fast 22 % der Kinder verfehlten sogar die Mindeststandards in Mathematik. Mit anderen Worten beherrschte etwa jedes fünfte Kind am Ende der Grundschule nicht einmal die grundlegenden mathematischen Kompetenzen, die als Mindestziel gelten. Im Vergleich zur letzten Erhebung 2016 ist dieser Anteil um 6 Prozentpunkte gestiegen – ein signifikanter Rückschritt, der etwa einem Verlust von einem Viertel Schuljahr Lernzeit entspricht.

Die Mathematik-Schülerleistungen variieren stark je nach Region (siehe nächster Abschnitt). In Stadtstaaten wie Bremen oder Berlin blieb 2021 mehr als ein Drittel der Viertklässler in Mathe unter dem Mindeststandard (Bremen 35,6 %, Berlin 34,5 %), während es im bildungsstarken Bayern nur 13,2 % waren.

Auch der Anteil sehr guter Leistungen (Optimalstandard) erreichte in Bayern und Sachsen doppelt so hohe Werte wie in Berlin. Diese Spreizung zeigt sich auch innerhalb der Klassen: Während es in einigen Grundschulklassen exzellente Mathe-Leistungen gibt, benötigen gleichzeitig ungewöhnlich viele Kinder zusätzliche Förderung, um die Grundkompetenzen zu erreichen.

In der Sekundarstufe bestätigen sich diese Trends. PISA 2022 offenbarte – wie oben beschrieben – einen deutlichen Einbruch in Mathematik: Nur noch 70 % der 15-Jährigen erreichen mindestens die Grundkompetenz Stufe II, während 30 % selbst daran scheitern.

Noch zehn Jahre zuvor lag dieser Problem-Anteil erst bei 18 %. Besonders drastisch ist die Situation an den Schulformen unterhalb des Gymnasiums: An Haupt-, Real- und Gesamtschulen schafften 2022 ganze 42 % der Neuntklässler nicht das PISA-Mindestniveau in Mathematik.

Zwar betrug dieser Anteil an Gymnasien nur 4 %, doch auch das ist eine Verschlechterung gegenüber früheren Jahren. Insgesamt ist also eine breite Verschiebung sichtbar: sowohl die leistungsschwächsten Schüler fielen noch weiter zurück, als auch die Leistungsspitze schrumpfte (der Anteil sehr starker Mathematiker halbierte sich, wie erwähnt).

Auch nationale Vergleichsarbeiten (VERA) und Abschlussprüfungen deuten darauf hin, dass vielen Schülern die mathematischen Grundlagen fehlen. Mehrfach wurde berichtet, dass selbst einfache Rechenoperationen oder das Verständnis grundlegender Bruch- und Prozentrechnung von beträchtlichen Schüleranteilen nicht sicher beherrscht werden.

Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Einerseits scheinen Lücken, die während der Pandemie entstanden (etwa durch ausgefallenen Unterricht in Mathe), noch nicht überall geschlossen. Andererseits bemängeln Experten seit langem Defizite im Mathematikunterricht – von didaktischen Problemen bis zum Fachkräftemangel an Grundschulen (viele Mathe-Stunden werden fachfremd erteilt).

Die Folgen zeigen sich nicht zuletzt in der beruflichen Bildung: Ausbildungsbetriebe klagen vermehrt über Azubis, denen mathematische Grundfertigkeiten fehlen, was etwa das Verstehen von technischen Zeichnungen oder das Ausführen einfacher Kalkulationen erschwert.

Deutliche regionale Unterschiede (Ost vs. West, Stadt vs. Land)

Ein Blick auf die Bildungslandschaft innerhalb Deutschlands zeigt ein heterogenes Bild: Je nach Bundesland und Region unterscheiden sich die Bildungsindikatoren zum Teil drastisch. So gibt es Bundesländer, die seit Jahren bei Vergleichstests vorne liegen, und andere, die chronisch am Tabellenende rangieren. Im Allgemeinen schneiden der Süden und einige ostdeutsche Länder überdurchschnittlich gut ab, während Stadtstaaten und einige westdeutsche Flächenländer mit größeren Problemen zu kämpfen haben.

Bei den Schulabschlüssen weist Bayern regelmäßig die niedrigsten Schulabbrecherquoten auf (wie erwähnt rund 5 %), während Stadtstaaten wie Bremen oder auch einige struktur-schwächere Westländer höhere Quoten haben (Bremen ~10 %).

Interessanterweise konnten ostdeutsche Länder wie Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern ihre Abbrecherquoten in den letzten Jahren senken, so dass etwa Mecklenburg-Vorpommern inzwischen besser dasteht als manch westliches Bundesland. Insgesamt gibt es kein einfaches Ost-West-Gefälle mehr – die Spannweite verläuft vielmehr zwischen einzelnen Ländern mit erfolgreicher Bildungspolitik und solchen mit größeren Herausforderungen.

Auch bei den Leistungsvergleichen offenbaren sich Unterschiede: Laut IQB-Studien und anderen Tests gehören Sachsen, Thüringen und Bayern häufig zur Spitzengruppe, während Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen in vielen Bereichen unter dem Bundesdurchschnitt liegen.

Zum Beispiel verfehlten in Sachsen beim IQB-Ländervergleich Deutsch (9. Klasse, 2022) rund 23 % der Schüler die Mindeststandards in Lesen, während in Bremen fast 47 % dies nicht schafften.

Das ist eine Differenz von über 20 Prozentpunkten. Ähnlich klaffen die Ergebnisse in Mathematik auseinander: In den Grundschulen Bremens blieb 2021 mehr als ein Drittel der Kinder (35,6 %) unter den Mathe-Mindestanforderungen, in Bayern nur gut jeder achte (13,2 %). Solche Leistungsgefälle bedeuten in der Praxis, dass die Chancen eines Kindes, grundlegende Kompetenzen zu erwerben, je nach Wohnort sehr unterschiedlich sind – ein Befund, der Fragen der Bildungsgerechtigkeit aufwirft.

Woran liegen diese regionalen Unterschiede? Zum Teil spielen sozioökonomische Faktoren eine Rolle: Stadtstaaten wie Berlin oder Bremen haben überdurchschnittlich viele sozial benachteiligte Familien und viele Kinder mit Migrationshintergrund, was – ohne ausreichende kompensatorische Maßnahmen – zu niedrigeren Durchschnittsleistungen führen kann.

Historisch bedingt gibt es außerdem Unterschiede in den Bildungstraditionen: Sachsen und Thüringen knüpfen teilweise an DDR-Bildungskonzepte an, die stark auf Grundfertigkeiten setzten, während andere Länder andere Schwerpunkte setzten. Ein weiterer Faktor ist der Lehrkräftemangel, der Regionen unterschiedlich trifft. Ländliche Gegenden und strukturschwache Regionen haben oft Schwierigkeiten, genügend qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen – was zu Unterrichtsausfall oder fachfremdem Unterricht führt. In Großstädten dagegen gibt es zwar mehr Lehrer, aber dort müssen Schulen häufig größere soziale Integrationsaufgaben schultern (z.B. Sprachförderung für viele Migrantenkinder, Bekämpfung von Armutsauswirkungen etc.). Diese unterschiedlichen Ausgangsbedingungen spiegeln sich in den Ergebnissen wider.

Nicht zuletzt unterscheiden sich die Bundesländer in ihrer Bildungspolitik. Jedes Land ist für seine Schulen selbst verantwortlich (Föderalismus) – das führt zu verschiedenen Curricula, Lehrmethoden und Prüfungsanforderungen.

Einige Länder haben in den letzten Jahren gezielt Reformen und Qualitätsprogramme umgesetzt (etwa Hamburg, das seine einst schwachen Ergebnisse deutlich verbessern konnte), während andere weniger konsequent steuerten.

So wird vermutet, dass Hamburgs jahrelange Strategie einer datengestützten Schulentwicklung zu seinem Aufstieg im Ländervergleich beigetragen hat. Insgesamt jedoch bleibt die Spreizung groß: Die Schere zwischen starken und schwachen Bildungsländern hat sich eher vergrößert, wie die neuesten IQB-Vergleichsstudien nahelegen. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet das ungleiche Lernbedingungen – je nachdem, ob sie in einem bildungsaffinen Umfeld (z.B. bayerisches Gymnasium auf dem Land) oder in einem Problemkiez einer Großstadt zur Schule gehen.

Ursachen: Warum steckt das Bildungssystem in der Krise?

Die Gründe für die aktuellen Probleme im deutschen Schulwesen sind vielschichtig. Experten betonen, dass kein einzelner Faktor verantwortlich ist, sondern mehrere Entwicklungen zusammenkommen.

Im Folgenden einige der wichtigsten Ursachen im Überblick:

  • Soziale Ungleichheit und Herkunft: Deutschlands Bildungssystem tut sich schwer, soziale Unterschiede auszugleichen. Nach wie vor hängen Schulerfolg und -misserfolg stark von der familiären Herkunft ab. Kinder aus sozial schwachen Familien haben im Schnitt schlechtere Startbedingungen – sei es durch finanzielle Engpässe, beengte Wohnverhältnisse oder weniger Bildungsressourcen im Elternhaus. Diese Startnachteile pflanzen sich im Schulerfolg fort: Bildungsforscher Kai Maaz vom DIPF betont, dass insbesondere Jugendliche aus sozial benachteiligten Milieus überproportional oft von Schulabbrüchen und Leistungsproblemen betroffen sind. Trotz vieler Förderprogramme hat sich am engen Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Kompetenzniveau in Deutschland wenig geändert (siehe PISA-Daten oben). Solange dieser „soziale Gap“ besteht, wird ein Teil der Schüler immer zurückbleiben.
  • Migration und Sprachbarrieren: Die wachsende Heterogenität der Schülerschaft – vor allem der hohe Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund – stellt das Schulsystem vor besondere Aufgaben. Aktuell hat etwa ein Viertel der 15-Jährigen in Deutschland mindestens ein im Ausland geborenes Elternteil. Viele dieser Jugendlichen sprechen zu Hause zunächst wenig oder kein Deutsch. Ohne ausreichende Sprachförderung geraten sie früh ins Hintertreffen. Wenn Kinder beim Schuleintritt die Unterrichtssprache Deutsch nicht sicher beherrschen, können sie dem Unterricht vielfach nicht voll folgen. Leider mangelt es weiterhin an flächendeckenden Sprachförderangeboten in Kitas und Grundschulen (u.a. wegen Personalknappheit, s.u.). Die Folge sind dauerhafte Sprachdefizite, die sich auf alle Fächer auswirken. Die Daten zeigen außerdem, dass Migrationshintergrund oft mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status einhergeht – diese doppelte Benachteiligung macht es umso schwerer, schulisch aufzuholen. Schulen in sozialen Brennpunkten mit vielen nichtdeutschsprachigen Kindern stehen hier vor enormen Herausforderungen, zumal oft zusätzliche Förderlehrer fehlen.
  • Pandemie und Unterrichtsausfall: Die COVID-19-Pandemie hat dem Bildungssystem einen schweren Schlag versetzt. Monatelange Schulschließungen und Distanzunterricht in den Jahren 2020–2021 haben bei vielen Schülern Lernrückstände hinterlassen. Deutschland gehört zu den Ländern mit besonders langen Schulschließungen: 71 % der 15-Jährigen gaben an, dass ihre Schule während Corona über drei Monate geschlossen war, während im OECD-Schnitt nur 51 % so lange Ausfälle erlebten. Zwar konnten digitale Angebote und das Engagement vieler Lehrkräfte Schlimmeres verhindern, doch gerade leistungsschwächere Schüler litten stark unter dem fehlenden Präsenzunterricht. PISA 2022 zeigt denn auch einen beispiellosen Leistungseinbruch weltweit, doch war dieser Rückgang in Deutschland überdurchschnittlich groß. Wichtig ist allerdings festzuhalten, dass viele Probleme schon vor Corona bestanden. So war der Abwärtstrend in Mathematik international wie national teils bereits vor 2020 sichtbar. Die Pandemie wirkte also wie ein Brennglas, das bestehende Defizite verstärkte, aber sie ist nicht die alleinige Ursache der Misere.
  • Lehrkräftemangel und Ressourcendefizite: Ein grundlegendes Problem, das sich in den letzten Jahren zugespitzt hat, ist der Mangel an Lehrkräften. Viele Schulen – vor allem in ländlichen Regionen und in Brennpunkt-Stadtteilen – finden nicht genügend ausgebildete Lehrer. Die Schülerzahlen steigen mancherorts wieder, während zugleich die „Babyboomer“-Generation der Lehrer in Rente geht. Nach aktuellen Umfragen berichten Schulleitungen an 73 % der Schulen von Lehrermangel, der den Unterricht beeinträchtigt – 2018 lag dieser Wert noch bei 57 %. Die Folge sind Stundenausfälle, überfüllte Klassen und überlastete Lehrer. Auch bei der Ausstattung und Schulorganisation gibt es Defizite: Die Digitalisierung der Schulen hinkt hinterher (wie der holprige Distanzunterricht offenlegte), an vielen Schulen fehlt es an moderner Technik, schnellen Internetanschlüssen oder digitalen Lehrmaterialien. Zudem bestehen Unterschiede in der finanziellen Ausstattung zwischen reichen und armen Kommunen, was sich etwa in Schulgebäuden, Sportanlagen oder Nachhilfeangeboten widerspiegelt. Schließlich spielt auch die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte eine Rolle – Kritiker monieren, dass Lehramtsstudium und Referendariat nicht ausreichend auf den Umgang mit Heterogenität, Inklusion oder digitalem Lernen vorbereiten.
  • Föderales System und Reformstau: Die Organisation des deutschen Schulwesens in 16 Ländersysteme führt oft zu Uneinheitlichkeit und hemmt mitunter schnelle Verbesserungen. Bildungsstandards, Lehrpläne und Abschlussprüfungen unterscheiden sich je nach Bundesland. Es gibt keine bundesweiten Vergleichsarbeiten für alle Jahrgänge außer den Stichproben (wie IQB-Studien), sodass ein systematisches Monitoring erschwert ist. Manche Experten bemängeln eine fehlende gesamtdeutsche Strategie: „Wir haben in Deutschland weniger verbindliche frühkindliche Bildung als andere Länder und eine weniger datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung,“ konstatiert Kai Maaz vom DIPF. Dadurch würden Probleme später erkannt und Interventionen kämen oft zu spät. Tatsächlich zeigt sich, dass erfolgreiche Bildungssysteme (etwa in Skandinavien oder Asien) oft klar definierte nationale Bildungsziele verfolgen und Innovationen schneller umsetzen. In Deutschland hingegen verlaufen Reformprozesse oft schleppend und verlaufen sich in politischen Debatten zwischen Bund und Ländern. Als Beispiel sei die jahrzehntelange Diskussion um Bildungsstandards und Zentralabitur genannt. Zwar gibt es Fortschritte wie die Einführung gemeinsamer Abituraufgaben-Pools in einigen Fächern oder länderübergreifende Vergleichstests, doch ein wirklich einheitliches Qualitätsniveau ist noch nicht erreicht. Viele sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Reformstau“ im Bildungssystem.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass soziale Faktoren (Herkunft, Sprache), äußere Schocks (Pandemie) und interne Systemmängel (Lehrermangel, Föderalismus) zusammenwirken und so die aktuelle Bildungskrise bedingen.

Die Probleme beginnen oft sehr früh, bereits im Kindergarten- und Grundschulalter, und kumulieren sich bis zur Schulentlassung. Wer am Anfang nicht ausreichend gefördert wird, hinkt später meist weiter hinterher. Die Corona-Zeit hat diese Kluft teils verstärkt, aber auch deutlich gemacht, welche fundamentale Bedeutung gut funktionierende Schulen für unsere Gesellschaft haben.

Folgen: Was bedeuten die Bildungsdefizite für Wirtschaft und Gesellschaft?

Die Auswirkungen der geschilderten Entwicklungen sind enorm – sowohl für das Bildungssystem selbst als auch für Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt.

Einige zentrale Folgen sind:

  • Belastung des Bildungssystems: Zunächst spürt natürlich das Schulsystem direkt die Konsequenzen. Lehrkräfte sehen sich vermehrt mit Schülern konfrontiert, die grundlegende Kenntnisse nicht mitbringen. Es muss immer mehr Förderunterricht, Sprachhilfe und individuelle Betreuung geleistet werden, um Lernrückstände aufzuholen. Das erschwert den regulären Unterricht und kann Lehrer wie Schüler überfordern. Die Motivation aller Beteiligten leidet, wenn trotz Mühe viele Schüler die Ziele verfehlen. Langfristig droht ein Teufelskreis: Sinkende Leistungen können das Image öffentlicher Schulen beeinträchtigen und das Vertrauen der Eltern erschüttern, was wiederum den Reformdruck erhöht. Das Bildungssystem steht vor der Aufgabe, mit knappen Ressourcen bessere Ergebnisse liefern zu müssen – eine enorme Herausforderung.
  • Fachkräftemangel und wirtschaftliche Folgen: Für die Volkswirtschaft sind die Bildungsschwächen besonders spürbar. Schon heute klagen Unternehmen über fehlende Fachkräfte in praktisch allen Branchen. Paradoxerweise stehen gleichzeitig hunderttausende junge Menschen ohne Ausbildung oder Job da – oft weil ihnen die nötige Qualifikation fehlt. Im Herbst 2023 waren in Deutschland rund 1,7 Millionen Stellen unbesetzt, während etwa 2,5 Millionen Menschen unter 55 arbeitslos gemeldet waren. Diese Rechnung geht deshalb nicht auf, weil Angebot und Nachfrage qualitativ nicht zueinander passen: Über die Hälfte der Arbeitslosen hat keine abgeschlossene Berufsausbildung, was ihre Vermittlungschancen drastisch mindert. Besonders dramatisch: Etwa ein Viertel der Langzeitarbeitslosen besitzt keinerlei Schulabschluss. Hier zeigen sich die direkten Folgen von Schulversagen – diese Menschen haben es extrem schwer, dauerhaft Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu fassen. Volkswirte warnen, dass der Fachkräftemangel durch Bildungsdefizite weiter verschärft wird. Schon jetzt müssen Betriebe Aufträge ablehnen oder investieren weniger, weil qualifiziertes Personal fehlt. Mittelfristig leidet die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland, wenn nicht genügend gut ausgebildete junge Leute nachrücken.
  • Kosten für den Staat und Steuerzahler: Bildungsarmut verursacht erhebliche Folgekosten für die öffentlichen Haushalte. Wer keinen Schulabschluss und keine Ausbildung hat, ist häufiger arbeitslos oder in gering entlohnten Jobs – zahlt also weniger Steuern und Beiträge, benötigt aber öfter Transferleistungen. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung beziffert diese finanziellen Lasten: Pro Jahrgang an Jugendlichen, dem es nicht gelingt, die Zahl der Ausbildungsabbrecher deutlich zu senken, entstehen dem Staat langfristig rund 1,5 Milliarden Euro an fiskalischen Kosten. Dieser Betrag ergibt sich aus lebenslangen Einbußen bei Einkommensteuerzahlungen sowie höheren Ausgaben für Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Hochgerechnet auf zehn Jahre summieren sich die zusätzlichen Kosten auf etwa 15 Milliarden €, falls keine Trendwende gelingt. Anders gesagt: Jeder „verlorene“ Bildungsjahrgang belastet künftige Haushalte spürbar. Diese Berechnungen betrachten nur die unmittelbaren fiskalischen Effekte – darüber hinaus gibt es weitere gesamtgesellschaftliche Kosten (siehe nächster Punkt). Der finanzielle Aspekt macht jedoch deutlich, dass Investitionen in Bildung sich auch ökonomisch lohnen würden: Jeder Euro, der heute in die Prävention von Schulabbrüchen und in bessere Bildungsqualität fließt, erspart langfristig ein Vielfaches an sozialen Folgekosten.
  • Soziale Folgen und gesellschaftliche Teilhabe: Bildung ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein Schlüsselfaktor für soziale Teilhabe, Demokratie und individuelle Lebenschancen. Wenn ein erheblicher Teil der jungen Generation die Schule ohne adäquate Kenntnisse verlässt, hat das gesellschaftliche Konsequenzen. Studien zeigen, dass gering Qualifizierte häufiger gesundheitliche Probleme haben, seltener wählen gehen oder sich ehrenamtlich engagieren und ein höheres Risiko haben, in die Kriminalität abzugleiten. Bildung wirkt also präventiv in vielerlei Hinsicht: Sie fördert gesundheitsbewusstes Verhalten, stärkt das bürgerschaftliche Engagement und verringert die Wahrscheinlichkeit von sozialem Abstieg und Ausgrenzung. Umgekehrt droht bei wachsender Bildungsungleichheit auch eine Verfestigung sozialer Milieus: Gut Ausgebildete finden gut bezahlte Jobs und können ihren Kindern wieder bessere Startchancen bieten, während Bildungsarme in prekären Verhältnissen verbleiben – die soziale Durchlässigkeit leidet. Dadurch könnte sich die Gesellschaft weiter segmentieren. Zudem geht mit Bildungsverlusten ein Vertrauensverlust in gesellschaftliche Institutionen einher: Wenn das Bildungssystem seinen Auftrag – nämlich allen Kindern grundlegende Kompetenzen und Aufstiegschancen zu vermitteln – nicht erfüllt, sinkt das Vertrauen in die Chancengerechtigkeit. Auf lange Sicht gefährdet dies den sozialen Zusammenhalt. Schließlich ist Bildung auch für die Demokratie essenziell: Nur wer ausreichend gebildet ist, kann komplexe politische Fragen verstehen, an informierten Debatten teilnehmen und mündige Entscheidungen treffen. Große Bildungslücken können daher auch die demokratische Kultur schwächen.

Angesichts dieser weitreichenden Folgen sind sich Experten einig, dass schnelles Gegensteuern notwendig ist. Bildungspolitisch hat das Problem mittlerweile höchste Priorität erlangt. Die Bundesregierung und die Länder haben begonnen, Maßnahmen zu ergreifen: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger schnürte mit den Ländern ein Milliardenpaket namens „Startchancen-Programm“, das ab dem Schuljahr 2024/25 besonders benachteiligten Schulen zugutekommen soll.

Über zehn Jahre hinweg sollen 20 Milliarden Euro in Schulen mit großen sozialen Herausforderungen investiert werden – etwa für zusätzliche Sozialarbeiter, Förderlehrer, moderne Ausstattung und Schulbau. Daneben gibt es Initiativen zur Stärkung der Basiskompetenzen (Lesen, Schreiben, Rechnen) und zur Gewinnung von Quereinsteigern als Lehrkräfte. Auch die Kultusministerkonferenz hat Notprogramme gestartet, um pandemiebedingte Lernrückstände aufzuholen (z.B. Förderprogramme „Aufholen nach Corona“).

Dennoch mahnen Bildungsforscher, dass es keine schnellen Lösungen geben wird: Die Probleme sind über Jahre gewachsen und erfordern einen langen Atem. Wichtig sei vor allem, an den Wurzeln anzusetzen – also frühkindliche Bildung auszubauen, den Übergang Kita-Schule besser zu gestalten, den sozialen Bildungsausgleich zu stärken und die Attraktivität des Lehrerberufs zu erhöhen. Ebenso wird eine engere länderübergreifende Zusammenarbeit gefordert, um erfolgreiche Konzepte zu verbreiten statt jedes Rad 16 Mal neu zu erfinden.

Die aktuelle Situation der Schulbildung in Deutschland ist kritisch. Hohe Schulabbrecherquoten, schlechte Leistungen im internationalen Vergleich, mangelnde Deutsch- und Mathekenntnisse und große regionale Disparitäten zeichnen ein besorgniserregendes Bild. Die Ursachen liegen sowohl in gesellschaftlichen Veränderungen als auch in Versäumnissen des Bildungssystems.

Die Folgen betreffen uns alle – wirtschaftlich, sozial und kulturell. Doch die Krise ist auch weithin erkannt, und erste Schritte zur Gegensteuerung wurden eingeleitet. Ob diese ausreichen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Klar ist: Eine Kehrtwende in der Bildungspolitik hat höchste Dringlichkeit, damit kommende Generationen wieder bessere Chancen erhalten und Deutschland im globalen Wettbewerb nicht den Anschluss verliert. Die Zahlen sind Warnsignal und Auftrag zugleich, Bildung wieder zur Priorität zu machen – für die Zukunft unserer Kinder und unserer Gesellschaft.

Quellen: Bundesbildungsministerium (BMBF), Kultusministerkonferenz (KMK), Statistisches Bundesamt, OECD/PISA-Studien, IQB-Bildungstrend, Bertelsmann Stiftung, Eurostat, Bildungsforschung (u.a. DIPF), Presseberichte (ZEIT, DW, DLF, ZDFheute).