Chemieriese Dow zieht sich zurück
Chemieriese Dow zieht sich teilweise aus Ostdeutschland zurück
Anlagen in Böhlen und Schkopau vor dem Aus – 550 Stellen bedroht
Chemieriese Dow zieht sich zurück – Der US-Chemiekonzern Dow kündigt drastische Einschnitte in seinen deutschen Werken an:
Bis Ende 2027 sollen zentrale Anlagen an den ostdeutschen Standorten Böhlen (Sachsen) und Schkopau (Sachsen-Anhalt) schrittweise geschlossen werden.
Das gab das Unternehmen am Montag bekannt.
Als Grund nennt Dow strukturelle Probleme des europäischen Marktes – insbesondere hohe Energiepreise, Überkapazitäten und schwache Nachfrage aus der Industrie.
Schlüsselanlagen vor dem Aus
Von der Maßnahme betroffen sind zwei zentrale Komponenten der Produktionskette:
der Steamcracker in Böhlen, der aus Rohbenzin chemische Grundstoffe gewinnt, sowie die Chlor-Alkali- und Vinyl-Anlagen in Schkopau, die am Anfang der PVC-Wertschöpfungskette stehen.
Beide gelten als besonders energieintensiv und damit in Zeiten hoher Strompreise als wirtschaftlich schwer tragbar.
„Diese Schritte sind notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens in Europa zu sichern“, heißt es in einer Mitteilung von Dow.
Ziel sei es, das operative Geschäft an ein verändertes Marktumfeld anzupassen, Risiken zu reduzieren und langfristig effizienter aufgestellt zu sein.
Rund 550 Arbeitsplätze bedroht
Für die Beschäftigten ist die Nachricht ein Schock: Rund 550 regulär angestellte Mitarbeitende sollen durch die Maßnahme ihren Arbeitsplatz verlieren – ein erheblicher Einschnitt, besonders für die strukturschwachen Regionen im Saalekreis und im Süden von Leipzig.
Derzeit beschäftigt Dow in Deutschland laut Unternehmensangaben rund 3.400 Menschen an 13 Standorten.
Die verbleibenden Anlagen in Schkopau, Leuna und Böhlen, darunter Produktionslinien für Kunststoffe, Klebstoffe und Baumaterialien, sollen weiter betrieben werden.
Energiepreise und Konkurrenzdruck setzen Branche zu
Die Entscheidung ist kein Einzelfall, sondern steht exemplarisch für die Krise der europäischen Chemieindustrie.
Seit Beginn der Energiekrise kämpfen viele Hersteller mit strukturellen Wettbewerbsnachteilen im Vergleich zu US-amerikanischen und asiatischen Standorten. Insbesondere Deutschland gilt seit Jahren als Hochpreisstandort für industrielle Energie.
„Die Chemiebranche ist in Alarmstimmung“, sagt ein Branchenkenner.
„Wenn selbst ein globaler Player wie Dow Anlagen in Deutschland schließt, zeigt das die Tiefe der Krise.“
Auch BASF und andere Großkonzerne hatten in den vergangenen Monaten Produktionskapazitäten heruntergefahren oder Investitionen ins Ausland verlagert.
Politik unter Handlungsdruck
Die angekündigten Schließungen dürften auch die Bundesregierung unter Zugzwang setzen.
Trotz angekündigter Industriestrompreise, steuerlicher Entlastungen und geplanter Subventionen für Zukunftstechnologien hat sich bislang kein durchschlagender Effekt gezeigt.
Vor allem energieintensive Grundstoffindustrien sehen sich strukturell benachteiligt, solange Strom- und Gaspreise in Deutschland deutlich über dem globalen Durchschnitt liegen.
Die Landesregierungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt kündigten Gespräche mit Dow an. Ziel sei es, nach sozialen Lösungen zu suchen und die wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Regionen abzufedern.
Ein Warnsignal für den Standort Deutschland – Chemieriese Dow zieht sich zurück
Mit der Teilschließung zweier zentraler Produktionsanlagen in Böhlen und Schkopau sendet Dow ein klares Signal an die Industriepolitik in Berlin und Brüssel: Wenn die Rahmenbedingungen sich nicht ändern, werden selbst robuste Großkonzerne ihre Investitionen dorthin verlagern, wo Energie günstiger und Bürokratie schlanker ist.
Für die betroffenen Mitarbeiter beginnt nun eine Zeit der Unsicherheit. Und für die deutsche Chemieindustrie ein neuer Abschnitt – mit weniger Kapazität, aber mehr Fragen denn je.

