Einzelhandelsumsatz sinkt
Einzelhandelsumsatz sinkt – trotz steigender Löhne und sinkender Inflation
Kauflaune bleibt verhalten – Lebensmittel und Online-Handel besonders betroffen
Der deutsche Einzelhandel ist schwach in die zweite Jahreshälfte gestartet. Im Juli gingen die Umsätze gegenüber dem Vormonat um 1,0 Prozent zurück. Inflationsbereinigt fällt das Minus mit 1,5 Prozent sogar noch deutlicher aus.
Besonders betroffen sind Lebensmittelhändler sowie der Online- und Versandhandel, die beide starke Einbußen verzeichnen mussten.
Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Verbraucher trotz gestiegener Realeinkommen zurückhaltender einkaufen.
Bei Lebensmitteln sank der Umsatz real um 1,8 Prozent, während der Internet- und Versandhandel sogar ein Minus von 3,8 Prozent verbuchte.
Enttäuschung für Händler und Ökonomen
Ökonomen hatten mit einem geringeren Rückgang gerechnet.
Stattdessen zeigt sich, dass selbst die Kombination aus sinkender Inflation und steigenden Einkommen nicht automatisch zu höherem Konsum führt.
Zwar bleiben den Haushalten rechnerisch mehr Mittel übrig, doch die Verunsicherung über die wirtschaftliche Entwicklung und die eigene Arbeitsplatzsicherheit wirkt dämpfend.
Das schwache Ergebnis gilt als Rückschlag für den Einzelhandel, der eigentlich auf eine Belebung der Nachfrage gehofft hatte.
Viele Unternehmen hatten darauf gesetzt, dass steigende Reallöhne die Konsumfreude ankurbeln und damit die Konjunktur stützen könnten. Doch diese Hoffnung wurde im Juli enttäuscht.
📊 Infobox: Entwicklung des Einzelhandelsumsatzes Juli 2024
- Gesamt: –1,0 % (nominal) / –1,5 % (real)
- Lebensmittel: –1,8 % (real)
- Online- und Versandhandel: –3,8 % (real)
- Erwartung HDE (Jahresprognose): +2,0 % nominal / +0,5 % real
Steigende Löhne – aber kein Konsumboom
Das zweite Quartal brachte den Beschäftigten erneut ein spürbares Plus beim Einkommen.
Reallöhne stiegen um 1,9 Prozent, was den neunten Quartalsanstieg in Folge markiert.
Nominal lagen die Zuwächse sogar bei rund 4,1 Prozent, während die Verbraucherpreise lediglich um 2,1 Prozent anstiegen.
Damit bleibt unter dem Strich mehr Kaufkraft übrig – allerdings ohne dass dies im Einzelhandel sichtbar wird.
Im Vergleich zum Jahresende 2024, als die Reallöhne um 2,5 Prozent zulegten, fiel das Wachstum jedoch moderater aus.
Deutliche Unterschiede zwischen den Branchen
Ein genauer Blick auf die Branchen zeigt ein sehr differenziertes Bild. Besonders stark stiegen die Gehälter in der Finanz- und Versicherungsbranche sowie bei freiberuflichen und wissenschaftlichen Dienstleistern – jeweils um 7,6 Prozent.
Auch die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen verzeichneten überdurchschnittliche Zuwächse von 5,5 Prozent.
Wesentlich geringer waren die Steigerungen in den Bereichen Handel sowie Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (jeweils +2,7 Prozent), Kunst, Unterhaltung und Erholung (+2,7 Prozent) sowie im Transport- und Logistiksektor (+1,7 Prozent).
In der Energieversorgung kam es sogar zu einem Rückgang der Löhne um 0,2 Prozent.
📊 Infobox: Nominale Lohnsteigerungen im 2. Quartal 2024
- Finanz- & Versicherungsdienstleister: +7,6 %
- Freiberufliche & wissenschaftliche Dienstleistungen: +7,6 %
- Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen: +5,5 %
- Handel & Kfz-Reparatur: +2,7 %
- Kunst, Unterhaltung & Erholung: +2,7 %
- Verkehr & Logistik: +1,7 %
- Energieversorgung: –0,2 %
Auswirkungen auf die Konjunktur
Das schwache Ergebnis des Einzelhandels wird nicht nur als Problem für die Branche selbst gesehen, sondern auch als Belastung für die gesamte Konjunktur.
Während die Auslandsnachfrage durch internationale Handelskonflikte, Zölle und geopolitische Unsicherheiten bereits unter Druck steht, hatten viele Experten darauf gehofft, dass der Binnenkonsum für eine Stabilisierung sorgt.
Da die Verbraucher ihre Kaufzurückhaltung beibehalten, bleibt dieser Stützpfeiler der Wirtschaft schwach ausgeprägt.
Ein breiter Aufschwung lässt damit weiter auf sich warten – trotz höherer Einkommen und niedriger Inflation.
Mehr Geld im Portemonnaie, weniger im Warenkorb – Einzelhandelsumsatz sinkt
Die Entwicklung zeigt eine paradoxe Situation: Die Deutschen haben zwar real mehr Einkommen zur Verfügung, geben dieses aber nicht im gleichen Maße aus. Stattdessen scheint die Unsicherheit über die wirtschaftliche Zukunft zu einem vorsichtigeren Konsumverhalten zu führen.
Für den Einzelhandel bedeutet das ein schwieriges zweites Halbjahr.
Und für die gesamtwirtschaftliche Lage bleibt die Frage offen, ob steigende Einkommen allein ausreichen, um die Flaute zu überwinden – oder ob sich die Zurückhaltung der Verbraucher zu einem dauerhaften Trend entwickelt.