VVBG (Gesetz) Gefahren
Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG) in Deutschland – neue Transparenzregeln gegen verdeckte Vermögen
Bedeutung des VVBG für Vermögensschutz und Transparenz
Die deutsche Bundesregierung treibt die Vermögensaufdeckung in Deutschland voran, um illegale Finanzströme aufzudecken und das Vertrauen in den Finanzplatz zu stärken. Ein zentrales Vorhaben hierbei ist das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG).
Dieses Gesetz soll verdeckte Vermögen sichtbar machen und Geldwäsche, Steuerhinterziehung sowie andere Formen der Finanzkriminalität erschweren. Für Unternehmer und vermögende Privatpersonen bedeutet das VVBG einerseits mehr Transparenzpflichten und staatliche Einblicke in ihre Vermögensverhältnisse.
Andererseits steht es im Spannungsfeld mit legitimen Interessen am Vermögensschutz und an der Diskretion des Privatvermögens. In diesem Artikel erläutern wir umfassend die Hintergründe und Inhalte des VVBG, die betroffenen Personengruppen, was genau als Vermögensverschleierung gilt, welche Daten erfasst werden, welche Behörden Zugriff haben und welche Sanktionen drohen.
Zudem beleuchten wir die spezifischen Risiken für Unternehmer und vermögende Privatpersonen sowie die Verbindung zu bestehenden Transparenz-Maßnahmen (Transparenzregister, EU-Behörden wie AMLA und dem diskutierten EU-Vermögensregister). Abschließend betrachten wir die politische und gesellschaftliche Debatte und geben Handlungsempfehlungen.
Hintergrund: Entstehung und Zielsetzung des VVBG
Das VVBG ist im Kontext verstärkter Bemühungen zu sehen, Deutschland nicht länger den Ruf eines „Geldwäscheparadieses“ anzuhängen. In den letzten Jahren wurde kritisiert, dass kriminelle Gelder zu einfach in den legalen Wirtschaftskreislauf gelangen.
Die Regierung reagierte darauf mit einem Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Finanzkriminalität. Finanzminister Christian Lindner legte im April 2024 einen Referentenentwurf für das VVBG vor.
Parallel dazu wurde das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG) auf den Weg gebracht, das unter anderem die Schaffung eines neuen Bundesamts zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) vorsieht. Das BBF soll eine zentrale Rolle im Kampf gegen Geldwäsche spielen und diverse Zuständigkeiten bündeln.
Das VVBG und das FKBG sind komplementäre Vorhaben: Während das FKBG den großen Rahmen zur effektiveren Verfolgung von Geldwäsche und Finanzkriminalität setzt (Stichwort Follow the Money-Ansatz), zielt das VVBG speziell darauf ab, hochwertige Vermögenswerte unbekannter Herkunft aufzudecken und der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zuzuführen, noch bevor klassische Strafverfahren ansetzen können.
Zielsetzung des VVBG ist es also, Lücken im bisherigen System zu schließen: Bislang konnten Strafverfolger erst aktiv werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine bestimmte Straftat vorlagen. Durch geschickte Verschleierungstechniken blieben viele illegale Vermögen für den Staat unerreichbar.
Das VVBG schafft hier ein neues Instrument, um bereits bei Verdacht auf unklare Vermögensherkünfte einzuschreiten und Vermögenswerte frühzeitig zu durchleuchten. Deutschland folgt damit auch internationalen Vorgaben und Empfehlungen, die mehr Finanztransparenz fordern – u.a. reagiert man auf Defizite, die von Gremien wie der FATF (Financial Action Task Force) bemängelt wurden.
Wichtig zu wissen: Das VVBG ist bislang (Stand Frühjahr 2025) noch nicht in Kraft, sondern befindet sich im Gesetzgebungsverfahren. Die politische Abstimmung erwies sich als schwierig – innerhalb der Regierungskoalition wurde das VVBG zeitweise zur Bedingung gemacht, um das FKBG voranzubringen.
Obwohl die Ampelfraktionen den Finanzkriminalitäts-Gesetzesentwurf befürworteten, forderten insbesondere Abgeordnete der Grünen die gleichzeitige Einführung des VVBG. Dies führte zu Verzögerungen bei der Verabschiedung.
Mittlerweile steht die Umsetzung auf wackeligem Boden: Ende 2024 signalisierten politische Akteure Dissens darüber, ob das VVBG noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Ungeachtet dessen lohnt es sich, die Inhalte und möglichen Auswirkungen des VVBG im Detail zu kennen – gerade für Unternehmer und vermögende Privatleute, die frühzeitig Vorkehrungen treffen möchten.
Überblick über die wichtigsten Inhalte des Gesetzes
Der Referentenentwurf des VVBG umfasst mehrere Kernpunkte, die darauf abzielen, Finanztransparenz für Unternehmer und Privatpersonen mit erheblichen Vermögenswerten deutlich zu erhöhen:
- Einrichtung eines Ermittlungszentrums Vermögensverschleierung (EZV): Innerhalb des neuen Bundesamts (BBF) soll eine spezialisierte Einheit entstehen ). Dieses EZV wird mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, um verdächtige Vermögensgegenstände systematisch aufzuspüren und zu analysieren. Es dient als zentrale Stelle für die Vermögensermittlung außerhalb strafrechtlicher Verfahren.
- Erweiterte Ermittlungsbefugnisse: Das EZV kann auf vielfältige Datenquellen zugreifen. Konkret darf es Einsicht in öffentliche Register nehmen (z.B. Grundbuch, Kfz-Fahrzeugregister, Zentralregister für Konten) und bei Bedarf auch Auskünfte von Kreditinstituten anfordern. So können Ermittler etwa per automatisiertem Abruf feststellen, welche Immobilien oder Luxusfahrzeuge auf einen Namen eingetragen sind . Neu ist, dass Ermittlungen ausgehend vom Vermögensgegenstand selbst möglich werden – man beginnt also bei einem verdächtigen Objekt (z.B. einer Yacht oder Villa) und arbeitet rückwärts, um Eigentümer und Zahlungsflüsse zu identifizieren. Bei begründetem Verdacht kann die Behörde sogar vom Eigentümer Auskunft über die Herkunft der Mittel oder die wirtschaftlich Berechtigten verlangen. Eine direkte Mitwirkungspflicht des Betroffenen besteht zwar laut Entwurf nicht, doch verweigerte Kooperation würde den Anfangsverdacht erhärten. Insgesamt schafft das VVBG damit eine Art zentralisiertes Vermögensregister durch die Hintertür: Anstatt dass Bürger ihre Vermögenswerte aktiv melden müssen, werden vorhandene Register verknüpft und durch Ermittlungen ergänzt, um ein vollständiges Bild “per Knopfdruck” zu ermöglichen.
- Begriffsbestimmung Vermögensgegenstand: Als Vermögensgegenstand im Sinne des Gesetzes gilt nahezu jeder materieller oder immaterieller Wertgegenstand – ob beweglich (z.B. Fahrzeuge, Kunstwerke) oder unbeweglich (Immobilien) – einschließlich darauf bezogener Rechte. Entscheidend ist ein Mindestwert von 100.000 Euro . Diese Schwelle stellt sicher, dass sich das VVBG auf bedeutsame Vermögenswerte konzentriert. Auch eine Sammlung mehrerer Einzelobjekte kann als einheitlicher Vermögensgegenstand gelten, wenn sie zusammengehört (z.B. ein Oldtimer-Fuhrpark oder ein Kunstkonvolut) . In der Praxis fallen somit vor allem Immobilien (die meist weit über 100.000 € wert sind), hochpreisige Fahrzeuge, Yachten, teure Schmuck- und Kunstgegenstände, große Aktienpakete, Kryptowährungen in erheblichem Umfang und ähnliche Vermögenswerte unter das Gesetz.
- Verdachtskriterien für Verschleierung: Das VVBG definiert Merkmale, bei deren Vorliegen ein Vermögenswert als verdächtig gilt. Dazu zählen insbesondere :
- Unklare Finanzierbarkeit: Die offiziell bekannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des wirtschaftlich Berechtigten reichen offensichtlich nicht aus, um den Gegenstand legal erworben zu haben. (Beispiel: Jemand mit geringem offiziellem Einkommen besitzt plötzlich eine Luxusvilla.)
- Intransparente Eigentümerstrukturen: Es ist nicht nachvollziehbar, wer wirtschaftlich wirklich berechtigt ist. Dies tritt oft auf, wenn zwischengeschaltete Firmen, Strohmänner oder Trust-Konstruktionen benutzt werden, um den wahren Eigentümer zu verschleiern.
- Vorbelastete oder risikobehaftete Personen: Der Vermögenswert steht im Einfluss einer Person oder Gruppe mit entsprechendem Hintergrund – z.B. Vorstrafen wegen Finanzdelikten, Zugehörigkeit zur organisierten Kriminalität oder Wohnsitz in einem Hochrisiko-Land laut Geldwäschegesetz.
- Auffällige Unternehmens-Konstellationen: Falls der Käufer ein Unternehmen ist, dessen Erträge den Kauf nicht erklären oder der Erwerb wirtschaftlich unsinnig scheint (etwa eine kleine Firma kauft einen Privatjet ohne erkennbaren Nutzen), gilt das als verdächtig.
- Neues Verfahren zur Vermögenseinziehung: Ohne strafrechtliche Anklage soll es künftig möglich sein, vermutlich illegale Vermögenswerte einzuziehen. Das VVBG schafft hierzu ein unabhängiges in-rem-Verfahren, das sich allein gegen den Vermögensgegenstand richtet und nicht zwingend gegen eine Person . Selbst wenn kein konkreter Täter ermittelt oder keine bestimmte Vortat nachgewiesen werden kann, könnte ein Gericht auf Antrag der Behörde den Eigentumsentzug an einem verdächtigen Objekt anordnen. Dieses Verfahren ergänzt die ohnehin bestehenden Regeln zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und greift insbesondere dann, wenn die Eigentumsverhältnisse bewusst verschleiert wurden und daher eine klassische Beschlagnahme in Strafprozessen ins Leere liefe . Kurz gesagt: Das illegale Vermögen soll dem Täter entzogen werden können, auch wenn man ihn (noch) nicht vor Gericht stellen kann. Aus Sicht des Gesetzgebers wird damit der Anreiz für profitgetriebene Kriminalität gesenkt, weil sich Verbrechen nicht mehr „lohnen“.
- Straf- und Bußgeldvorschriften: Das VVBG führt eigene Sanktionstatbestände ein, um Verstöße zu ahnden. Insbesondere das vorsätzliche Verschleiern von Vermögenswerten (bzw. die Beihilfe dazu) soll unter Strafe gestellt werden. Außerdem werden Ordnungswidrigkeiten definiert, etwa für das Nichtbefolgen von Auskunftsverlangen oder das Melden falscher Informationen an Register. Sanktionen nach dem VVBG können je nach Schwere gestaffelt sein:
- Geldbußen im Falle von Verstößen, deren Höhe sich nach dem Einzelfall richtet. Im Gespräch sind empfindliche Obergrenzen – Berichte nennen bis zu 100.000 € für einfache Verstöße und bis zu 5 Mio. € oder 10% des Jahresumsatzes eines Unternehmens für schwerwiegende Fälle.
- In gravierenden Fällen sind auch Freiheitsstrafen vorgesehen, sodass das Verschleiern großer illegaler Vermögen ähnlich wie Geldwäsche geahndet werden kann.
- Einziehung verschleierter Vermögenswerte: Unabhängig von weiteren Strafen können die betroffenen Vermögensgegenstände vom Staat konfisziert werden.
- Bei Wiederholungstätern sind sogar Berufsverbote denkbar – z.B. könnte jemandem, der mehrfach beim organisieren von Vermögensverschleierung erwischt wird, verboten werden, bestimmte geschäftsführende Positionen auszuüben.
- Präventive und flankierende Maßnahmen: Das Gesetz betont neben repressiven Eingriffen auch Prävention. So soll die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen Behörden verbessert werden – national etwa zwischen Finanzaufsicht, Zoll (FIU) und Strafverfolgern, international über Zusammenarbeit mit anderen Staaten und EU-Behörden. Außerdem sind Maßnahmen zur Sensibilisierung vorgesehen: Finanzinstitute und andere Verpflichtete (z.B. Kunsthändler, Immobilienmakler) sollen weiter angehalten werden, ungewöhnliche Transaktionen im Rahmen der Geldwäscheprävention zu melden. Das VVBG ergänzt hier bestehende Pflichten (Know-Your-Customer-Prinzip, Verdachtsmeldungen) und schafft ein Umfeld, in dem Luxusgüter-Transaktionen strenger beäugt werden. Im Kern läuft es darauf hinaus, dass Finanztransparenz für Unternehmer und vermögende Kunden kein Optionalprogramm mehr ist, sondern zum neuen Normal wird – die Compliance-Anforderungen steigen.
Zusammengefasst bietet das VVBG den Behörden ein mächtiges Werkzeug, um Vermögenswerte unbekannter Herkunft aufzudecken und einzuziehen. Es schließt die Lücke zwischen Finanzaufsicht und Strafrecht durch ein administratives Vermögensermittlungsverfahren, das parallel zum Strafrecht läuft. Für die Betroffenen – dazu zählen nicht nur Kriminelle, sondern potenziell auch unbescholtene Bürger mit komplexen Vermögensstrukturen – ergeben sich daraus weitreichende neue Pflichten und Risiken, die wir in den folgenden Abschnitten genauer betrachten.
Wer ist vom VVBG betroffen?
Auf den ersten Blick richtet sich das VVBG gegen klassische Finanzkriminelle: Mafia-Strukturen, Drogenhändler, Terrorfinanzierer, korrupte Amtsträger und deren Helfershelfer, die ihre illegal erworbenen Gelder in vermeintlich legale Vermögenswerte umwandeln. Tatsächlich nennt der Gesetzentwurf explizit Konstellationen wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Proliferation (illegale Rüstungsfinanzierung), Korruption und Steuerhinterziehung als Hintergrund. Doch das Gesetz hat einen breiten Anwendungsbereich. Im Prinzip kann jede Person oder jedes Unternehmen, das einen Vermögenswert über 100.000 € besitzt oder transferiert, ins Visier geraten, wenn bestimmte Auffälligkeiten vorliegen.
Besonders im Fokus stehen:
- Unternehmer und Firmengeflechte: Unternehmen mit komplexen Gesellschaftsstrukturen, Offshore-Töchtern oder Trust-Konstruktionen fallen unter die Kategorie, in der intransparente Kontrollverhältnisse möglich sind. Das VVBG zielt genau auf solche Fälle ab, in denen Eigentums- und Einflussverhältnisse verschachtelt und undurchsichtig sind. Ein mittelständischer Unternehmer mit verschachtelten Holdings im In- und Ausland, der legitime steuerliche Gründe dafür hat, könnte trotzdem unter erhöhten Beobachtungsdruck geraten. Insbesondere international agierende Firmen oder Unternehmerfamilien mit Stiftungen, Family Offices und Auslandsimmobilien sind potenziell betroffen. Auch Startups, die plötzlich mit großem Kapital ausgestattet werden, könnten Fragen aufwerfen, sofern die Geldquellen unklar sind.
- Vermögende Privatpersonen: High Net Worth Individuals – etwa vermögende Erben, Immobilien-Millionäre, große Kapitalanleger – verfügen in der Regel über mehrere hochwertige Vermögenswerte. Selbst wenn ihr Vermögen legal erworben wurde, könnte es prüfwürdig erscheinen, z.B. wenn geringes versteuertes Einkommen und hoher Lebensstil auseinanderklaffen. Privatpersonen mit Wohnsitz in Deutschland, die z.B. im Ausland Immobilien besitzen oder hierzulande etwa Kunstsammlungen, Jachten oder teure Fahrzeuge halten, werden vom VVBG mit abgedeckt. Vermögende Familien mit vielschichtigen Nachfolgeregelungen, bei denen Vermögen auf unterschiedliche Namen verteilt ist, fallen ebenfalls in den Radius.
- Finanzintermediäre und Berater: Zwar richtet sich das Gesetz nicht direkt gegen Berufsgruppen, aber praktisch betroffen sind auch Banken, Notare, Anwälte, Steuerberater und Vermögensverwalter, die vermögende Kunden betreuen. Sie müssen sich auf vermehrte Anfragen der Ermittlungsbehörde einstellen und ihre Dokumentationspflichten noch ernster nehmen. Beispielsweise könnte ein Notar, der eine Immobilientransaktion beurkundet, künftig häufiger Rückfragen von der Behörde erhalten, wenn der Kaufpreis außergewöhnlich hoch ist und der wirtschaftlich Berechtigte verschleiert wirkt. Banken müssen ggf. mehr Kontoinformationen liefern, wenn das EZV nach §24c KWG eine Abfrage startet. All das erhöht den Aufwand und auch das Risiko der Haftung, wenn man versehentlich an einer Verschleierung mitwirkt.
Im Ergebnis gilt: Wer Vermögenswerte besitzt, die in den Anwendungsbereich (über 100.000 €) fallen, muss damit rechnen, im Rahmen des VVBG geprüft werden zu können. Natürlich trifft es nicht jeden Bürger – der Normalverdiener mit einem Eigenheim und etwas Ersparten wird nicht ins Raster fallen, solange alles schlüssig finanziert ist. Aber Unternehmer und wohlhabende Privatleute gehören zur Zielgruppe, die der Gesetzgeber im Auge hat, denn hier besteht statistisch die größere Chance, entweder dass illegales Vermögen versteckt wurde oder dass legale Vermögen so komplex strukturiert sind, dass sie für illegal gehalten werden könnten. Für diese Personengruppen ist es essentiell zu verstehen, was genau als Vermögensverschleierung gilt und welche Handlungen oder Strukturen künftig kritisch beäugt werden.
Was gilt als Vermögensverschleierung?
Der Begriff Vermögensverschleierung bedeutet wörtlich das Verstecken von Vermögen. Juristisch umfasst er alle Machenschaften, die darauf abzielen, die wahre Herkunft oder den tatsächlichen Berechtigten eines Vermögenswertes zu verbergen. Das kann auf vielfältige Weise geschehen – oftmals mittels juristischer Konstruktionen oder transaktionaler Tricks. Im Kontext des VVBG lassen sich einige typische Formen von Vermögensverschleierung herausarbeiten:
- Intransparente Eigentümerstrukturen: Dies ist der Klassiker. Kriminelle verschleiern ihr Eigentum, indem sie Zwischenpersonen oder Briefkastenfirmen zwischenschalten. Beispielsweise kauft ein Geldwäscher eine Immobilie nicht auf den eigenen Namen, sondern gründet in einem Offshore-Paradies eine Firma, die formal als Käufer auftritt. Der wirtschaftlich Berechtigte – also derjenige, dem die Immobilie faktisch gehört – bleibt im Dunkeln. Solche Strohleute oder Scheinfirmen dienen dazu, die Spur zu verwischen. Das VVBG zielt genau hierauf ab, indem es die wirtschaftlich Berechtigten eines Vermögenswertes ermitteln will. Vermögensverschleierung liegt also insbesondere dann vor, wenn die Besitzverhältnisse absichtlich unkenntlich gemacht wurden. Ein Indiz: Es gibt keine klare Transparenz über den Eigentümer.
- Nutzung von Auslandsjurisdiktionen: Häufig werden Vermögen ins Ausland transferiert, um sie dem deutschen Zugriff zu entziehen. Beliebt sind Länder mit Bankgeheimnis oder lockeren Melderegeln. So kann jemand Schwarzgeld in einer Schweizer Bank deponieren oder eine Luxusvilla über eine Stiftung in Liechtenstein halten. Das Vermögen ist damit der deutschen Kontrolle entzogen, sofern die Behörden keine grenzüberschreitenden Informationen erhalten. Auch Trusts im angelsächsischen Raum oder Stiftungen in Offshore-Gebieten können als Verschleierung dienen. In den Augen des VVBG gilt dies als Vermögensverschleierung, wenn die Strukturen einzig dem Zweck dienen, den wahren Eigentümer zu kaschieren. Allerdings muss betont werden: Nicht jede Auslandsstruktur ist illegal – viele Unternehmer nutzen internationale Holdings legitimerweise. Der Verdacht ergibt sich aus dem Kontext, z.B. wenn keine wirtschaftliche Notwendigkeit für die Auslandsfirma erkennbar ist oder sie in einem Steueroasen-Staat ohne Substanz sitzt.
- Verschleierung der Herkunft von Mitteln: Vermögensverschleierung betrifft nicht nur wer etwas besitzt, sondern auch woher das Geld dafür kam. Kriminelle Einkünfte werden oft durch Verschleierungsketten geschleust – etwa erst in bar ins Spielcasino, dann als Gewinn deklarieren, davon Kunstwerke kaufen, diese wieder verkaufen usw. Am Ende scheint der Kauf eines Vermögenswertes (z.B. einer Yacht) aus scheinbar legalen Mitteln finanziert, obwohl ursprünglich Drogengeld dahintersteckte. Diese Taktiken, auch als Geldwäsche bekannt, gehören ebenfalls zur Vermögensverschleierung, wenn sie dazu dienen, den illegalen Ursprung zu verdecken. Das VVBG möchte genau das aufdecken: Es soll nachvollziehbar werden, mit welchen Mitteln ein Luxusgut bezahlt wurde. Wenn diese Mittel nicht aus legalen Quellen stammen oder die Geldflüsse unnötig verschlungen sind, liegt der Verdacht der Verschleierung nahe.
- Falschangaben in Registern: Eine subtilere Form der Verschleierung ist das bewusste Täuschen von Behörden und Registern. Ein Beispiel: In das Transparenzregister – in dem wirtschaftlich Berechtigte von Firmen verzeichnet sein müssen – wird absichtlich eine falsche Person eingetragen, um den eigentlichen Eigentümer zu verbergen. Oder es werden Scheingesellschafter eingetragen, während der wahre Herrscher im Hintergrund bleibt. Auch bei Grundbuch-Einträgen könnte manipuliert werden, z.B. indem man Treuhänder eintragen lässt. Solche falschen oder irreführenden Angaben sind Kern der Verschleierung, weil sie die staatlichen Kontrollmechanismen unterlaufen. Das VVBG greift daher auch Fälle auf, in denen Registereinträge objektiv unzutreffend sind – hier liegt praktisch immer Vermögensverschleierung vor.
- Aufsplitten und Staffeln von Vermögenswerten: Um unter Radarschwellen zu bleiben, werden Vermögen manchmal zerstückelt. Beispiel: Statt einen Geldbetrag als Ganzes zu investieren (was auffallen könnte), kaufen Täter mehrere kleinere Vermögensgegenstände oder verteilen das Geld auf verschiedene Konten unterhalb gewisser Schwellenwerte. Dieses Smurfing (Stückeln) sieht man vor allem bei Bargeldeinzahlungen unterhalb der Meldegrenze. Bei Vermögensgegenständen könnte dies bedeuten, dass etwa Edelmetalle in vielen kleinen Tranchen erworben und verteilt gelagert werden. Zwar adressiert das VVBG vornehmlich Gegenstände über 100.000 €, aber sollte auffallen, dass jemand auffällig viele knapp darunter liegende Werte besitzt, könnte dies trotzdem als ein Gesamtbild gewertet werden (Sachgesamtheiten zusammengefasst) und somit Verschleierung darstellen.
In Summe kann man sagen: Vermögensverschleierung ist gegeben, wenn transparente Eigentums- und Geldflüsse bewusst verhindert werden. Legitime Gründe, Vermögen zu strukturieren (Steueroptimierung, Nachlassplanung etc.), bewegen sich exakt auf der Grenze – sie sind legal, solange keine Gesetze verletzt werden. Aber das VVBG wird genau hinsehen, ob solche Strukturen vielleicht doch den Nebeneffekt (oder eigentlichen Zweck) haben, illegales Vermögen zu verstecken. Unternehmer und reiche Privatpersonen sollten daher ihre Finanzstrukturen überprüfen: Ist überall der wirtschaftlich Berechtigte offen gelegt? Sind alle großen Transaktionen plausibel durch dokumentierte Einnahmen gedeckt? Wo es Undeutlichkeiten gibt, könnte das VVBG künftig ansetzen.
Welche Daten und Vermögenswerte werden erfasst?
Das VVBG schafft kein neues öffentliches Register, dem man sein Vermögen melden muss, aber es bündelt bestehende Registerinformationen und befugt die Behörden, gezielt Auskünfte einzuholen. In der Praxis wird dadurch eine Vielzahl an Daten über Vermögenswerte zusammengeführt, um ein umfassendes Bild über den Besitz verdächtiger Personen zu zeichnen.
Erfasste Vermögenswerte: Grundsätzlich alle Vermögensgegenstände über 100.000 € Wert. Dazu zählen insbesondere:
- Immobilien: Häuser, Wohnungen, Grundstücke – da Immobilien in Deutschland fast immer im Grundbuch stehen, kann das EZV hier ansetzen. Es kann Grundbuchämter abfragen, welche Objekte auf eine Person oder Firma eingetragen sind. Auch Auslandsimmobilien werden relevant, falls Infos vorliegen (z.B. wenn eine Auslandsimmobilie über eine inländische Firma gehalten wird oder im Rahmen internationaler Kooperationen gemeldet wird).
- Fahrzeuge und bewegliche Luxusgüter: Über das Zentrale Fahrzeugregister kann die Behörde PKW, LKW und sogar Anhänger abfragen, die auf jemanden zugelassen sind . Bei besonders teuren Autos (Sportwagen, Oldtimer) ist die 100k-Grenze schnell überschritten. Auch Yachten und Boote (Schiffsregister) oder Flugzeuge (Luftfahrzeugregister) dürften im Fokus stehen, da deren Besitz zentral registriert wird. Wertvolle Kunstwerke, Edelsteine oder Sammlerstücke hingegen stehen meist in keinem öffentlichen Register – da ist die Behörde auf Hinweise aus Versicherungen, Auktionen oder durchsuchte Unterlagen angewiesen, um sie zu erfassen.
- Bankkonten und Finanzanlagen: Das bereits existierende zentrale Kontenregister (geführt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) ermöglicht es Behörden schon jetzt, festzustellen, wo jemand Konten oder Depots unterhält. Im Rahmen des VVBG können solche Abfragen verstärkt zum Einsatz kommen, um Guthaben, Wertpapierdepots und Schließfächer eines Verdächtigen zu ermitteln. Die Kontenbewegungen selbst (Kontostände, Transaktionen) unterliegen weiterhin dem Bankgeheimnis und erfordern höhere Hürden, aber allein die Existenz zahlreicher Konten könnte ein Indiz liefern. Aktienpakete, Beteiligungen und ähnliche Finanzwerte werden über Register wie das Wertpapierregister oder das Handelsregister (für Firmenbeteiligungen) indirekt sichtbar gemacht.
- Bargeld und Edelmetalle: Diese zählen zwar auch zu Vermögenswerten, sind aber besonders schwer zu erfassen, da sie nicht zentral verzeichnet werden. Das VVBG erfasst Bargeldbesitz nur, wenn es beschlagnahmt oder irgendwo angegeben wird. Allerdings fließen Bargeldinvestitionen in andere Vermögenswerte wiederum in den Ermittlungskreis ein (z.B. jemand kauft von Bargeld Goldbarren: Die Goldbarren als solche könnten bei Razzien gefunden und als Vermögenswert aufgenommen werden). Bei Gold und Silber gibt es keine staatliche Registrierung, doch größere Käufe über 2.000 € unterliegen der Ausweispflicht beim Händler – auch solche Daten könnte man auswerten, sofern verfügbar. Insgesamt aber liegt der Fokus eher auf den sichtbaren Endpunkten des Vermögens (Immobilien, Kontoguthaben, Fahrzeuge), weniger auf dem flüssigen Vermögen, das flüchtig sein kann.
Erfasste Daten: Für die identifizierten Vermögenswerte sammelt die Behörde vielfältige Informationen:
- Eigentümer- und Beteiligungsdaten: Wer ist im Grundbuch als Eigentümer eingetragen? Wer ist Halter eines Fahrzeugs? Wer steht hinter einer Firma laut Handelsregister und Transparenzregister? Diese personenbezogenen Daten werden zusammengetragen, um den Kreis der wirtschaftlich Berechtigten zu bestimmen.
- Wert- und Finanzierungsangaben: Soweit verfügbar, zieht man Daten heran wie Kaufpreise (z.B. aus Grundstückskaufverträgen), Versicherungswerte, Darlehenshöhen (etwa Hypotheken im Grundbuch) etc. Dies hilft abzuschätzen, ob ein Vermögenswert möglicherweise unter Wert deklariert wurde oder wie er finanziert wurde. Beispielsweise könnte auffallen, dass eine Immobilie komplett bar bezahlt wurde, was verdächtig wäre.
- Transaktions- und Bewegungsdaten: Bei Finanzkonten könnten auffällige Transaktionen gemeldet worden sein (hier arbeitet das EZV sicher eng mit der Geldwäsche-Meldestelle FIU zusammen). Ebenso können Verdachtsmeldungen aus dem Finanzsektor, die ja schon heute nach dem Geldwäschegesetz erfolgen, ins VVBG-Verfahren einfließen und dort weiterverfolgt werden.
- Verknüpfungen zwischen Personen und Objekten: Ein großer Mehrwert ergibt sich aus der Zusammenführung: Es kann ein Profil erstellt werden, welche Vermögenswerte person X insgesamt kontrolliert. Wenn etwa eine Person A formal keine Immobilien besitzt, aber als Geschäftsführer dreier GmbHs fungiert, die jeweils Immobilien halten, und zudem Ehepartner einer Person B ist, auf die weitere Vermögen laufen – all diese Punkte werden im Puzzle erkennbar. Das EZV wird solche Beziehungen auswerten, u.a. mithilfe von Software für Netzwerk-Analyse.
Man kann sich das Ergebnis wie eine umfassende Vermögensbilanz pro verdächtiger Person vorstellen. Alles, was in amtlichen Registern oder durch Ermittlungen auftaucht, wird konsolidiert: Grundstücke, Firmenbeteiligungen, Konten, Fahrzeuge, eventuell bekannte Auslandswerte. Damit kommt man der Idee eines „gläsernen Vermögens“ nahe – zumindest aus Sicht der Behörden.
Wer hat Zugriff auf diese gesammelten Informationen? Zunächst nur das befugte Personal im Ermittlungszentrum Vermögensverschleierung. Diese Einheit arbeitet aber sicherlich eng mit anderen Stellen zusammen, z.B. liefert sie Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaften, wenn es zur Einziehung oder zu Strafverfahren kommt. Auch der Informationsaustausch mit der geplanten EU-Behörde (AMLA) oder ausländischen Stellen ist vorgesehen, sodass Daten auch grenzüberschreitend fließen können, sofern legal zulässig. Hierzu mehr im Abschnitt Behördenzugriff.
Für Unternehmer und Privatpersonen bedeutet dies: Sämtliche offiziell registrierten Vermögenswerte sind potentiell sichtbar. Verstecken kann man in Deutschland kaum noch etwas, was einen Eintrag erfordert (man denke an die Pflicht, Immobilienkäufer notariell offenzulegen, oder an die inzwischen zentrale Erfassung von Bankkonten). Das VVBG nutzt diese Transparenz und verknüpft die Punkte. In Zukunft wird es also noch wichtiger sein, Vermögenswerte strukturiert und legitimiert anzugeben. Wer hier trickst oder auf Anonymität hoffte, läuft Gefahr, vom Datennetz des VVBG erfasst zu werden.
Welche Behörden haben Zugriff?
Die Implementierung des VVBG erfordert klare Zuständigkeiten. Im Zentrum steht das neue Ermittlungszentrum Vermögensverschleierung (EZV), angesiedelt beim Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF). Diese spezialisierte Behörde wird primär dafür zuständig sein, die im VVBG vorgesehenen Ermittlungen durchzuführen.
Was bedeutet das konkret und wie ist das Zusammenwirken mit anderen Behörden?
- Ermittlungszentrum Vermögensverschleierung (EZV): Das EZV ist der Kernakteur des VVBG. Es bündelt Experten für Finanzanalysen, Datenbank-Recherche, Forensik und ggf. auch internationalen Informationsaustausch. Mit voraussichtlich über 100 Mitarbeitern ausgestattet, soll es die neuen Befugnisse effektiv nutzen können. Das EZV darf direkt auf staatliche Register zugreifen (Grundbuch, Fahrzeugregister, Personenstandsdaten, Bundeszentralregister etc.) und automatisierte Abfragen durchführen. Außerdem kann es Verfügungen erlassen – beispielsweise andere Behörden auffordern, Vermögenswerte vorläufig zu sichern, oder Eigentümer zur Auskunft auffordern. Wichtig ist: Das EZV handelt im administrativen Bereich, also außerhalb eines Strafprozesses, ähnlich einer Ordnungs- oder Gefahrenabwehrbehörde. Es wird in vielen Fällen eigenständig recherchieren, aber bei tatsächlichen Zwangsmaßnahmen (wie einer endgültigen Einziehung) braucht es die Mitwirkung anderer Stellen (Gerichte).
- Staatsanwaltschaften und Gerichte: Obwohl das VVBG ein Verwaltungsgesetz ist, kommt man um die Justiz nicht herum. Wenn das EZV genügend Anhaltspunkte hat, dass ein Vermögensgegenstand aus illegaler Quelle stammt, kann es eine gerichtliche Entscheidung zur Einziehung anstreben. Zuständig wären voraussichtlich spezielle Kammern oder Richter, die darüber entscheiden, ob z.B. eine Villa eingezogen wird. Hier wirken Staatsanwälte mit, denn sie müssen in unserem Rechtssystem typischerweise solche Anträge stellen und vor Gericht vertreten. Das VVBG schafft also eine neue Schnittstelle zwischen Verwaltungsbehörde (EZV) und Strafjustiz. Das führt allerdings – wie Kritiker anmerken – zu etwas unklaren Zuständigkeiten: Einerseits das neue Bundesamt, andererseits Gerichte und die herkömmliche Strafverfolgung. Dennoch: Zugriff auf die durch das EZV gesammelten Informationen haben Strafverfolgungsbehörden, sobald ein Fall in die justizielle Phase geht. Sollte z.B. im Laufe der Ermittlungen doch ein konkreter Straftäter identifiziert werden, könnten Polizei und Staatsanwaltschaft die EZV-Daten übernehmen und eigene Verfahren (etwa wegen Geldwäsche) eröffnen.
- Finanzaufsichts- und Zollbehörden: Die Financial Intelligence Unit (FIU) beim Zoll, die Verdachtsmeldungen nach dem Geldwäschegesetz entgegennimmt, dürfte eng kooperieren. Möglicherweise wird die FIU sogar ins BBF integriert, was die Zusammenarbeit erleichtert. Die FIU-Daten (Verdachtsmeldungen von Banken etc.) sind wertvoll für das EZV, um überhaupt auf die Spur verdächtiger Vermögen zu kommen. Umgekehrt könnten Ergebnisse des EZV auch an die Steuerfahndung oder an Zollfahndungsämter weitergegeben werden, wenn dort Zuständigkeiten berührt sind (z.B. Hinweise auf Steuerdelikte oder Schmuggel). Das Gesetz selbst weist die Zuständigkeit aber primär dem Bund zu, weshalb Landesbehörden wie die Polizei zunächst keine eigenständigen VVBG-Ermittlungen machen, sondern über das BBF/EZV spielen. Allerdings werden Länderbehörden natürlich involviert, wenn vor Ort Maßnahmen nötig sind (Durchsuchungen, Sicherstellungen in einer Immobilie etc. – hier braucht es lokale Polizei oder Zoll).
- Internationale und EU-Behörden: In einer globalisierten Finanzwelt endet der Datenzugriff nicht an der Grenze. Das EZV soll eng mit internationalen Stellen kooperieren. Ein wichtiger Partner wird die neue EU-Behörde AMLA (Anti-Money Laundering Authority) sein. Die AMLA, die ab 2024/25 ihre Arbeit aufnehmen soll, hat u.a. die Aufgabe, grenzüberschreitende Geldwäsche zu bekämpfen und die Zusammenarbeit der nationalen Einheiten zu koordinieren. Sie wird voraussichtlich auch eine Datenplattform betreiben, auf der nationale Erkenntnisse (z.B. aus dem VVBG) zusammenfließen. Denkbar ist, dass das EZV Daten über verdächtige Vermögenswerte an AMLA meldet, wenn Verbindungen ins EU-Ausland bestehen, und umgekehrt Anfragen stellt, wenn etwa ein Verdächtiger Vermögen in anderen EU-Staaten haben könnte. Des Weiteren gibt es bereits EU-weit vernetzte Register: das Bankkontenregister wird EU-weit abrufbar für Strafverfolger, und über das Transparenzregister gibt es einen europäischen Kooperationsmechanismus. Auch Interpol oder bilaterale Abkommen könnten genutzt werden, um an Auslandsdaten zu gelangen.
- Zugriffsschutz und Datenschutz: Wer alles intern Zugriff auf die sensiblen Daten erhält, ist eine wichtige Frage. Im BBF/EZV selbst wird es strikte Berechtigungen geben – nicht jeder Beamte kann beliebig im „Vermögensregister“ schmökern. Vorgesehen ist, dass Daten zweckgebunden genutzt werden müssen (nur zur Vermögensaufklärung) und besonderen Datenschutzauflagen unterliegen. Das Gesetz regelt etwa, dass Bundesdatenschutzgesetze und zentralregisterrechtliche Vorgaben einzuhalten sind. Darüber hinaus müssen Auskünfte an Dritte (andere Behörden) entsprechend rechtlicher Grundlagen erfolgen – einfach so weitergeben darf das EZV die Daten nicht, es sei denn zur Verfolgung von Straftaten oder ähnlichem legitimen Zweck.
Insgesamt lässt sich sagen: Hauptzugriffsberechtigte ist das Ermittlungszentrum im BBF, das seine Erkenntnisse bei Bedarf mit Staatsanwaltschaften und Gerichten teilt, sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit anderen Behörden (national und EU).
Für betroffene Unternehmer und Privatpersonen bedeutet das, dass gleich mehrere Stellen Einblick in ihre Vermögensverhältnisse haben können, sofern sie in den Fokus geraten: Zunächst die neue Bundesbehörde, in weiterer Folge potenziell Strafverfolger und ggf. ausländische Partnerbehörden.
Die Zeiten, in denen nur das Finanzamt und die Hausbank solche Details kannten, sind vorbei – nun wird eine spezialisierte Ermittlungsstelle mit umfassendem Durchblick geschaffen.
Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?
Das VVBG soll nicht nur Vermögen aufdecken, sondern auch abschrecken. Wer versucht, trotz der neuen Regeln weiterhin Vermögenswerte zu verschleiern, muss mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Diese reichen von Geldbußen bis zu Haftstrafen und dem Verlust der betroffenen Vermögenswerte. Wichtig dabei: Das Gesetz richtet sich sowohl gegen die Täter der Verschleierung selbst, als auch gegen Personen, die daran mitwirken oder es ermöglichen.
Mögliche Sanktionen im Überblick:
- Geldbußen: Bei Verstößen gegen Pflichten aus dem VVBG oder in Fällen, in denen eine Ordnungswidrigkeit festgestellt wird, können hohe Geldbußen verhängt werden. Die genaue Höhe bemisst sich nach dem Einzelfall (Schwere, Umfang der Verschleierung). Im Raum stehen Bußgelder bis zu 100.000 Euro für weniger gravierende Fälle. Bei schweren Verstößen – etwa groß angelegter Vermögensverschiebung im Millionenbereich – sind Geldbußen von bis zu 5 Millionen Euro oder 10% des Jahresumsatzes (bei Unternehmensbeteiligung) diskutiert. Diese Größenordnung kennt man aus dem Kartell- oder Datenschutzrecht und soll eine spürbare Abschreckung erzeugen.
- Strafrechtliche Sanktionen (Freiheitsstrafen): Das VVBG schafft neue Straftatbestände oder erweitert bestehende, so dass in gravierenden Fällen auch Haftstrafen möglich sind. Beispielsweise dürfte die vorsätzliche Verschleierung bedeutender Vermögenswerte als Straftat gelten. Ebenso könnte die Nichtbefolgung einer behördlichen Anordnung zur Vermögensoffenlegung in bestimmten Fällen strafbar sein, analog zum Ungehorsam gegenüber einer gerichtlichen Verfügung. Die Strafrahmen sind aktuell angelehnt an vergleichbare Wirtschaftsstraftaten; denkbar sind Freiheitsstrafen im Bereich bis zu 5 Jahre bei schweren Fällen der Vermögensverschleierung. Damit würde man das Unrecht ähnlich einstufen wie Geldwäsche. Natürlich entscheidet am Ende ein Gericht, ob eine solche Strafe verhängt wird – das setzt eine entsprechende Verurteilung voraus.
- Einziehung des verschleierten Vermögens: Unabhängig von einer Geldbuße oder Strafe ermöglicht das VVBG, den betroffenen Vermögensgegenstand selbst einzuziehen (zu konfiszieren). Dieser Schritt ist im Grunde das Herzstück des Gesetzes: Das entzogene Vermögen wird zugunsten des Staates oder der Geschädigten verwertet. Wer also beispielsweise illegal erworbenes Geld in eine Yacht investiert und diese Verschleierung auffliegt, der verliert die Yacht an den Staat. Die Einziehung kann auch erfolgen, ohne dass der Eigentümer strafrechtlich verurteilt wurde, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (siehe das in-rem-Verfahren). Das bedeutet: Das Vermögen ist weg, auch wenn man formal nicht als Straftäter verurteilt wurde – eine drastische Sanktion, die entsprechend rechtssicher geprüft sein muss.
- Berufs- und Gewerbeverbote: Bei wiederholten oder besonders gravierenden Verstößen kann es zudem zu Nebenstrafen oder Maßregeln kommen, die die berufliche Tätigkeit betreffen. So ist es denkbar, dass jemandem, der fortgesetzt illegale Vermögensverschleierung betreibt, untersagt wird, weiterhin als Geschäftsführer einer Firma tätig zu sein (Entzug der Gewerbeerlaubnis) oder dass ein Finanzdienstleister seine Lizenz verliert. Solche Maßnahmen sollen präventiv verhindern, dass erkannte „Verschleierer“ in Schlüsselpositionen weitermachen können.
- Haftung von Mitwissern und Helfern: Zwar richtet sich das Gesetz primär gegen die Haupttäter, aber z.B. Berater, die bewusst bei der Verschleierung geholfen haben, können ebenfalls zur Rechenschaft gezogen werden. Ein Steuerberater etwa, der aktiv illegale Offshore-Konstruktionen für einen Kunden gestaltet hat, könnte mit Bußgeldern oder Strafverfahren (Beihilfe, §27 StGB) konfrontiert werden. Für Unternehmen gilt zudem: Mitarbeiter, die Regeln verletzen, können zu internen Konsequenzen führen, und das Unternehmen selbst kann über Ordnungswidrigkeitentatbestände ebenfalls Bußgelder kassieren.
- Milderungsgründe bei Kooperation: Interessant ist, dass im Entwurf sogar eine Art Kronzeugenregelung angedacht wird. Wer von sich aus mit den Ermittlern kooperiert und wertvolle Informationen liefert, könnte strafmildernd behandelt werden. Damit will man Insider motivieren, frühzeitig auszupacken – ähnlich wie es im Kartellrecht mit Bonusregelungen für frühzeitige Hinweisgeber gehandhabt wird. Für Betroffene kann es also im Ernstfall sinnvoll sein, aktiv mit den Behörden zusammenzuarbeiten, um Sanktionen zu reduzieren.
Konsequenzen in der Praxis: Für Unternehmer und vermögende Privatpersonen, die Gefahr laufen könnten, ins Visier des VVBG zu geraten, bedeuten die angedrohten Sanktionen: höchste Vorsicht ist geboten. Im Zweifel sollte man lieber offen kooperieren, als sich strafbar zu machen. Das bewusste Verschweigen oder Verschleiern von Vermögenswerten – z.B. beim Ausfüllen von Auskunftsbögen oder im Gespräch mit Behörden – kann empfindliche Strafen nach sich ziehen. Umgekehrt: Wer seine Vermögensverhältnisse plausibel darlegen kann und frühzeitig Transparenz schafft, reduziert das Risiko von Bußgeldern erheblich.
Unternehmer könnten insbesondere das Thema Berufsverbot schmerzen – ein Compliance-Verstoß, der zur Unzuverlässigkeit im Sinne der Gewerbeordnung führt, könnte existenzielle Folgen haben. Und für Privatleute ist natürlich der Verlust des Vermögens das Schreckgespenst schlechthin. Daher sollte man vermeiden, überhaupt in Verdacht zu geraten (durch entsprechende Vorsorge und saubere Strukturen, dazu später mehr).
Zusammengefasst: Das VVBG droht mit harten Bandagen, um Abschreckung zu erzielen. Geldstrafen in Millionenhöhe, Freiheitsentzug und der Zugriff auf das Vermögen selbst sollen signalisieren, dass Verstecken zwecklos und gefährlich ist. Damit bewegt sich Deutschland in Richtung einer Null-Toleranz-Politik gegenüber versteckten Geldern – ein Paradigmenwechsel, der das Verhalten aller mit großen Vermögen beeinflussen dürfte.
Risiken und Gefahren für Unternehmer
Für Unternehmer – insbesondere diejenigen mit komplexen Firmenkonstrukten oder internationaler Tätigkeit – bringt das VVBG nicht nur Pflichten, sondern auch erhebliche Risiken mit sich. Selbst wenn man nichts Illegales getan hat, können die neuen Regelungen die Geschäftstätigkeit tangieren und zu unangenehmen Nebenwirkungen führen.
Hier einige zentrale Risiken und Gefahrenpunkte:
1. Aufdeckung komplexer Firmenkonstrukte: Viele Unternehmer nutzen Holdingstrukturen, Stiftungen oder Trusts, um ihr Unternehmen zu organisieren, Haftung zu begrenzen oder Nachfolge zu regeln. Solche komplexen Firmenkonstrukte werden nun vom Staat mit Argusaugen betrachtet. Was bisher vielleicht ein legitimes Geschäftsgeheimnis war – etwa welche Schwesterfirma letztlich die Luxusimmobilie hält – könnte durch VVBG-Ermittlungen ans Licht kommen. Die Vertraulichkeit unternehmerischer Strukturen ist gefährdet. Behörden könnten Zusammenhänge offenlegen, die man gegenüber Konkurrenten oder Geschäftspartnern lieber diskret gehalten hätte. Zwar werden solche Daten nicht öffentlich gemacht, aber je mehr Stellen staatlicherseits Einblick haben, desto größer das Leck-Potenzial. Unternehmer laufen also Gefahr, dass ihre mühsam konstruierten Netzwerke transparent werden. Zudem: Falls irgendein Teil der Struktur auch nur den Anschein von Verschleierung erweckt, gerät gleich das gesamte Konstrukt in den Verdachtsschatten. Dadurch können redliche Konstruktionen falsch interpretiert werden – ein strukturiertes Firmengeflecht könnte fälschlich als Geldwäscheschema gewertet werden, bis man seine Harmlosigkeit bewiesen hat. Dieser Rechtfertigungsdruck allein stellt ein Risiko dar.
2. Gefahr von Rückfragen bei Geschäftsbeziehungen: Unternehmer sind selten alleine tätig – sie haben Kunden, Lieferanten, Investoren. Mit dem VVBG steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Geschäftsbeziehungen unter die Lupe genommen werden. Beispiel: Ein Unternehmer geht eine Joint Venture mit einem Investor ein. Wenn dieser Investor später wegen Verdachtsvermögen geprüft wird, bekommt auch der Unternehmer Besuch von der Behörde („Sie hatten geschäftlich mit X zu tun, welche Vermögensflüsse gab es da?“). Solche Rückfragen können die geschäftliche Reputation beschädigen, selbst wenn nichts Unrechtmäßiges vorliegt. Geschäftspartner könnten verunsichert reagieren, wenn plötzlich Ermittler auftauchen. Auch Banken könnten bei bekannt werdenden Untersuchungen vorsichtiger werden (Kredite überdenken, Kreditsicherheiten neu bewerten). Die Due-Diligence-Auflagen bei Firmenübernahmen oder großen Transaktionen werden steigen – man muss viel intensiver prüfen, ob irgendwo versteckte Risiken lauern. Insgesamt droht also eine Verunsicherung im Geschäftsverkehr: Jede komplexe Transaktion könnte im Nachhinein Prüfungen nach sich ziehen. Für Unternehmer heißt das, sie müssen Compliance-Risiken in Geschäftsbeziehungen noch stärker managen und dokumentieren, mit wem sie warum Geschäfte machen, um im Zweifel Rede und Antwort stehen zu können.
3. Bürokratischer Mehraufwand und Verzögerungen: Die Einführung des VVBG bringt voraussichtlich einen erheblichen bürokratischen Aufwand mit sich. Unternehmer könnten künftig häufiger mit amtlichen Auskunftsersuchen konfrontiert sein, etwa Nachweise erbringen müssen, woher Gelder stammen oder wer hinter einer beteiligten Firma steht. Das kostet Zeit und Ressourcen, denn man wird juristischen Rat einholen und umfangreiche Unterlagen zusammenstellen müssen. Wenn z.B. ein Unternehmen eine etwas ungewöhnliche Investition tätigt (z.B. kauft Kunstwerke als Anlage), könnte die Behörde nachhaken, wo der Sinn liegt – darauf sollte man vorbereitet sein. Langwierige Kommunikationswege zwischen neuen und alten Behörden könnten außerdem Entscheidungsprozesse verzögern. Stellen wir uns vor: Eine Firma möchte ein Auslandsgeschäft abschließen, doch weil das EZV Daten über den ausländischen Partner anfordert, verzögert sich die Transaktion um Monate – solche indirekten Effekte sind nicht ausgeschlossen. Insbesondere wenn Vermögenswerte vorläufig eingefroren werden (z.B. Sperrung eines Kontos bis zur Klärung), kann dies operative Abläufe stören. Unternehmer tragen also ein finanzielles Risiko durch Liquiditätsengpässe oder entgangene Geschäfte infolge behördlicher Prüfungen.
4. Falschverdacht und Reputationsschäden: Legitime Unternehmen können fälschlicherweise ins Visier geraten, etwa durch unglückliche Konstellationen der Verdachtskriterien. Ein Bauunternehmer, der viele Barzahlungen erhält (üblich bei kleineren Kunden), könnte plötzlich als verdächtig gelten, große Bargeldbestände zu besitzen. Oder eine Firma hat ein schwaches offizielles Jahresergebnis, kauft aber dennoch ein teures Grundstück – vielleicht aus Gesellschafterdarlehen, aber von außen wirkt es, als könne sie es sich „eigentlich nicht leisten“. Solche Fälle können Verdachtsmomente wecken. Gerät ein Unternehmen dann in eine VVBG-Untersuchung, droht ein enormer Reputationsschaden, selbst wenn sich am Ende herausstellt, dass alles sauber war. Bekanntlich bleibt von solchen Prüfungen in der Öffentlichkeit oder bei Geschäftspartnern oft etwas hängen. Im schlimmsten Fall kann schon die Tatsache einer Ermittlung existenzbedrohend sein, etwa wenn Aufträge ausbleiben oder Kredite gekündigt werden, weil man als „Risiko-Kunde“ gilt.
5. Offenlegung sensibler Informationen: Unternehmer pflegen oft Geschäftsgeheimnisse – z.B. Lieferantenlisten, Margenkalkulationen, Investitionspläne. Wenn im Zuge des VVBG Daten erhoben werden, könnten auch solche sensiblen Infos eingefordert werden (etwa Nachweise über Geldflüsse, Verträge etc.). Zwar gelten Verschwiegenheitspflichten und der Staat soll damit vertraulich umgehen, aber jedes zusätzliche Teilen von Daten erhöht das Risiko von Leaks oder Missbrauch. Und im Behördenapparat könnten Informationen auch ihren Weg in andere Verfahren finden, die dem Unternehmer schaden (z.B. Steuerprüfung, wenn auffällt, dass irgendwo Unstimmigkeiten sind).
6. Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit: Kritiker monieren, dass die strengen Kontrollen und Auflagen des VVBG die wirtschaftliche Handlungsfreiheit einschränken. Unternehmer könnten sich gezwungen sehen, Investitionen nicht mehr frei nach Geschäftssinn, sondern nach möglicher Außenwirkung zu tätigen. Man fragt sich vielleicht: „Wenn ich jetzt diese Summe in ein Risikoprojekt stecke, gerate ich dann unter Verdacht, weil es unwirtschaftlich aussehen könnte?“ Diese Selbstzensur wäre ein gravierender Nachteil für die Dynamik der Wirtschaft. Auch der verstärkte Fokus auf Einhaltung und Dokumentation (Compliance-Kosten) ist ein indirektes wirtschaftliches Risiko – Ressourcen fließen in Verwaltung statt in Wertschöpfung.
Fazit für Unternehmer: Das VVBG erhöht den Druck, finanzielle Transparenz zu schaffen, zugleich aber droht es, gutgläubige Unternehmer mit Komplexität und Kontrolle zu überziehen. Die größte Gefahr besteht darin, unverschuldet in Ermittlungen verwickelt zu werden und dadurch geschäftlichen Schaden zu erleiden. Daher sollten Unternehmer proaktiv Maßnahmen ergreifen: komplexe Strukturen vereinfachen oder zumindest klar dokumentieren, verdächtige Konstellationen (z.B. hohe Privatentnahmen ohne Erklärung) vermeiden, auf saubere Registereinträge achten und im Zweifel frühzeitig kommunizieren, um Missverständnisse zu verhindern. In einem Umfeld von „lieber einmal zu viel prüfen als zu wenig“ ist es klüger, als ehrlicher Unternehmer möglichst keine Angriffsfläche zu bieten.
Risiken für vermögende Privatpersonen
Auch vermögende Privatpersonen – von der wohlhabenden Erbin über den Spitzenverdiener bis hin zum Selfmade-Millionär – spüren die Auswirkungen des VVBG. Ihre Privatsphäre in Finanzdingen wird deutlich kleiner. Einige spezifische Risiken und Gefahren für diese Zielgruppe sind:
1. Durchleuchtung der Vermögensstrukturen: Wo reiche Privatpersonen früher weitgehend inkognito ihr Vermögen verwalten konnten, greift nun die staatliche Durchleuchtung. Schon das Transparenzregister und ähnliche Maßnahmen haben den gläsernen Bürger eingeleitet – das VVBG intensiviert dies. Vermögende müssen damit rechnen, dass sämtliche Bestandteile ihres Vermögens offengelegt werden können, sofern ein Verdachtsmoment vorliegt. Beispielsweise könnte eine Person mit mehreren Immobilien, Oldtimern und hohen Bankguthaben plötzlich aufgefordert werden, ihre gesamte Vermögenshistorie zu erklären: Woher kamen die Mittel für Haus A, warum läuft Haus B über die Tochter, wieso steht ein Sportwagen in der Garage, obwohl offiziell kein Einkommen in entsprechender Höhe erzielt wurde? Selbst Familieninternas (wie Schenkungen, Erbschaften, eheliche Gütertrennungen) können Gegenstand von Nachfragen werden, wenn es darum geht, die Herkunft eines Vermögenswerts zu klären. Diese Durchleuchtung fühlt sich für Betroffene schnell wie ein Eindringen in die Privatsphäre an – sie ist es auch.
2. Wegfall der Diskretion: Vermögende Privatleute schätzen oft die Diskretion über ihre Besitzverhältnisse – aus Sicherheitsgründen oder schlicht aus Lebensstil. Mit den neuen Regeln droht ein Wegfall der Anonymität. Zwar werden die gesammelten Daten nicht veröffentlich, aber die Tatsache, dass staatliche Stellen umfangreiche Dossiers über privates Vermögen anlegen können, kann als äußerst unangenehm empfunden werden. Datenschutz-Bedenken stehen hier im Raum: Je mehr sensible Finanzdaten erfasst werden, desto größer das Risiko, dass sie irgendwo doch an die Öffentlichkeit gelangen oder zweckentfremdet werden. Man denke etwa an Hackerangriffe – ein zentraler Vermögensdatenpool wäre ein äußerst lohnendes Ziel für Cyberkriminelle, die z.B. Erpressungen planen. Reiche Personen könnten somit Sorge um ihre Sicherheit haben, wenn so viele Details ihrer Besitztümer registriert werden. Die gewohnte Privatheit des eigenen Reichtums schrumpft.
3. Missbrauchspotenzial der Daten: Mit „Missbrauch“ ist hier vor allem der ungewollte Zugriff oder falsche Verwendung der gesammelten Informationen gemeint. Vermögende befürchten, dass einmal erhobene Daten später für ganz andere Zwecke genutzt werden könnten. Ein Beispiel: Heute heißt es, das Register diene nur der Kriminalitätsbekämpfung. Aber was, wenn in einigen Jahren der Staat entscheidet, diese Daten doch steuerlich auszuwerten – etwa um eine Vermögenssteuer vorzubereiten oder einen Solidarbeitrag von Reichen zu erheben? Die Sorge ist nicht aus der Luft gegriffen: Absolute Transparenz kann politisch Begehrlichkeiten wecken. Auch Fachleute haben angemerkt, dass ein vollständiges Vermögensregister den „gläsernen Reichen“ schafft und so z.B. eine Besteuerung des Gesamtvermögens technisch erleichtern würde. Selbst wenn solche Schritte aktuell nicht vorgesehen sind, fühlen sich Vermögende durch das VVBG einem generalisierten Kontroll- und Zugriffspotenzial des Staates ausgesetzt.
Darüber hinaus kann Missbrauch bedeuten, dass unbefugte Personen die Daten einsehen – sei es ein neugieriger Beamter oder eben ein Hacker. Für vermögende Familien könnten z.B. Entführer oder Betrüger eine wertvolle Informationsquelle erhalten, falls etwas durchsickert (z.B. genaue Kenntnis über Immobilienstandorte, Kunstsammlungen etc.). Kurzum: Die Sicherheitsrisiken steigen, wenn detaillierte Vermögensprofile existieren, auf die theoretisch mehrere Stellen Zugriff haben.
4. Rückwirkung auf bestehende Vermögensgestaltung: Viele reiche Privatpersonen haben über Jahre oder Jahrzehnte ihr Vermögen strukturiert – etwa Vermögensverwaltungsgesellschaften gegründet, Trusts im Ausland eingerichtet, Schenkungen an Kinder vorgenommen etc. Diese früher legal und nach damaliger Beratung gestalteten Strukturen könnten nun plötzlich in einem anderen Licht erscheinen. Das VVBG wirkt quasi rückwirkend auf Altfälle, indem es auch lange zurückliegende Anschaffungen überprüft, wenn sie noch vorhanden sind. Jemand, der vor 15 Jahren eine größere Summe am Finanzamt vorbei ins Ausland geschafft hat und davon nun Aktien hält, lebt seither vielleicht mit diesem Geheimnis. Durch das VVBG kann so etwas ans Licht kommen und dann natürlich steuer- oder strafrechtliche Folgen nach sich ziehen. Selbst wer sauber gearbeitet hat: Wenn die Dokumentation alter Deals lückenhaft ist, könnte man heute in Erklärungsnot kommen. Beispiel: Ein vermögender Sammler hat 2005 ein Gemälde in Bar auf einer Messe gekauft – kann er 20 Jahre später noch schlüssig belegen, dass das Geld damals aus versteuertem Einkommen stammte? Falls nicht, steht der Verdacht im Raum, es könne Schwarzgeld gewesen sein, und er muss das Gegenteil beweisen. Beweislastumkehr lautet hier ein Stichwort, das Kritiker dem VVBG vorwerfen: De facto gerät man als Vermögender in die Situation, seine Unschuld bzw. Legalität nachweisen zu müssen, sonst drohen Sanktionen. Für Privatleute ohne perfektes Archiv ein durchaus reales Risiko.
5. Einschränkungen in der Vermögensverwaltung: Vermögende Personen könnten aus Sorge vor dem Argusauge des Staates ihr Verhalten ändern. Manche denken vielleicht darüber nach, Vermögen ins Ausland zu verlagern (was aber immer schwieriger wird, da der internationale Austausch zunimmt). Andere verzichten womöglich auf bestimmte Investments, die auffallen könnten – z.B. den Kauf einer weiteren Immobilie, obwohl es ökonomisch sinnvoll wäre, einfach um keine schlafenden Hunde zu wecken. Diese Selbstlimitierung ist zwar kein direkt vom Gesetz erzwungenes Risiko, aber eine indirekte Folge: Man passt sich dem Überwachungsdruck an, was aber der persönlichen Freiheit abträglich ist. Ein wohlhabender Bürger müsste eigentlich in der Lage sein, sein Geld nach Belieben legal anzulegen, ohne Angst haben zu müssen, sofort unter Generalverdacht zu stehen. Das VVBG erzeugt jedoch das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, wodurch sich psychologischer Druck aufbaut.
6. Gefahr ungerechtfertigter Maßnahmen: Sollte ein Vermögender tatsächlich ins Fadenkreuz geraten, drohen ihm natürlich die genannten Sanktionen – auch wenn sich der Verdacht später als ungerechtfertigt erweist. Beispielsweise könnte ein Unschuldiger vorläufig seine Vermögenswerte verlieren, bis der Irrtum geklärt ist. Dies stellt eine gewaltige persönliche Härte dar. Denken wir an jemanden, dessen Bankkonten eingefroren werden, weil man ihn fälschlich mit einer kriminellen Organisation in Verbindung brachte – vorübergehend kommt er an sein eigenes Geld nicht heran. Oder es wird eine Luxusimmobilie beschlagnahmt, obwohl sie rechtmäßig erworben wurde – während der juristischen Klärung kann er sie weder nutzen noch verkaufen. Solche Fälle sind hoffentlich selten, aber sie sind ein potenzielles Risiko.
Zusammengefasst für Privatpersonen: Das VVBG rüttelt an den Grundfesten dessen, was viele vermögende Menschen gewohnt sind: Privatheit und Kontrolle über das eigene Vermögen. Es bringt latente Ängste hervor – vor dem gläsernen Kontostand, vor ungewollter Bekanntheit, vor staatlicher Willkür oder Pannen. Wer beträchtliches Vermögen besitzt, sollte diese Entwicklung ernst nehmen. Die Empfehlung lautet, Proaktivität zu zeigen: Alle Unterlagen bereithalten, Herkunftsnachweise sortieren, vielleicht auf Anonymitäts-Modelle verzichten, die man früher nutzte, und sich stattdessen auf rechtssichere, transparente Lösungen verlegen. Denn eines ist klar: Die Regeln der finanziellen Diskretion werden neu geschrieben – wer darauf nicht reagiert, riskiert, vom Staat (ob berechtigt oder nicht) zur Verantwortung gezogen zu werden.
Verbindung zu Transparenzregister, AMLA und EU-Vermögensregister
Das VVBG steht nicht isoliert da, sondern reiht sich ein in eine breite Palette von Transparenz- und Compliance-Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene. Es ist wichtig, die Zusammenhänge zu kennen, denn viele Unternehmer und Vermögende sehen sich parallel mit diversen neuen Pflichten konfrontiert. Schauen wir auf die wesentlichen Verbindungen:
Transparenzregister: Bereits seit einigen Jahren gibt es in Deutschland das Transparenzregister, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und bestimmten Rechtsgestaltungen gemeldet werden müssen. Unternehmen müssen hier ihre Eigentümerstruktur offenlegen, um Geldwäsche vorzubeugen. Wie hängt das mit dem VVBG zusammen? Zum einen liefert das Transparenzregister dem EZV eine wichtige Datenquelle – es kann dort sofort prüfen, wer offiziell hinter einer Firma steht. Zum anderen adressiert das VVBG aber auch Fälle, in denen das Transparenzregister unvollständig oder falsch ist. Der Referentenentwurf sieht vor, dass unrichtige Eintragungen (z.B. absichtlich verschleierte oder verspätete Meldungen) erfasst und sanktioniert werden. In gewisser Weise korrigiert das VVBG also die Schwächen des Transparenzregisters: War bisher die Nichtmeldung oftmals sanktionslos geblieben oder blieben Scheinkonstrukte unentdeckt, kann nun aktiv ermittelt werden, ob z.B. hinter einer GmbH im Register vielleicht doch jemand anderes wirtschaftlich Berechtigter ist. Auch das Transparenzregister von Vereinen, Stiftungen usw. könnte herangezogen werden. Das heißt für Betroffene: Doppelter Druck zur Transparenz – wer seine BO (Beneficial Owner)-Meldungen noch nicht korrekt vorgenommen hat, sollte das dringend nachholen, um nicht unnötig ins Visier zu geraten.
EU-Anti-Geldwäsche-Behörde (AMLA): Die AMLA (Anti-Money Laundering Authority) ist eine neue EU-Behörde, die bis 2025/26 operational sein soll. Sie wird die Aufsicht über große Finanzinstitute bei der Geldwäscheprävention übernehmen und als Knotenpunkt für die Zusammenarbeit der FIUs (Financial Intelligence Units) dienen. Außerdem ist geplant, dass AMLA eine Art Datenhub für Geldwäschebekämpfung wird. Das VVBG passt genau in diese Landschaft: Die gewonnenen Erkenntnisse über Vermögenswerte und deren Eigentümer können für AMLA sehr wertvoll sein. Umgekehrt könnten EU-weite Analysen AMLA’s dem deutschen EZV helfen, verborgene Auslandverbindungen aufzudecken. Es ist zu erwarten, dass Deutschland mit dem VVBG auch Vorarbeit für EU-Standards leistet. Tatsächlich geht der deutsche Entwurf teils über EU-Vorgaben hinaus – die BRAK bemängelte z.B., dass Deutschland mit dem VVBG den Rahmen der neuen EU-Geldwäscherichtlinie 2024/1260 überschreite. Möglicherweise setzt Deutschland damit aber Trends, die auf EU-Ebene später allgemeiner Standard werden. Für Unternehmer und Vermögende heißt das: Was hierzulande eingeführt wird, könnte bald europaweit Usus sein. Wenn AMLA startet, wird sie wahrscheinlich ähnliche Register oder Abrufrechte aufbauen, sodass z.B. ein in Spanien gehaltenes Vermögen eines Deutschen für die deutsche Behörde sichtbar wird – und vice versa. Die Zusammenarbeit AMLA–BBF wird darüber entscheiden, wie effektiv grenzüberschreitende verdeckte Vermögen verfolgt werden können. Man sollte sich also nicht in falscher Sicherheit wiegen, Vermögen einfach ins Ausland zu verlagern: Die EU-Aufsicht zieht an einem Strang.
EU-Vermögensregister: In der öffentlichen Debatte sorgt besonders das Stichwort „EU-Vermögensregister“ für Aufsehen. Darunter wird die Vision verstanden, alle Vermögenswerte von EU-Bürgern zentral zu erfassen – zumindest alle größeren. Die EU-Kommission hat dazu 2021 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese Studie untersucht, wie die Mitgliedstaaten bisher Vermögensdaten erheben und ob man diese vernetzen oder in einem supranationalen Register bündeln könnte. Im Jahr 2024 zeichnete sich ab, dass „bald“ Ergebnisse vorgestellt würden. Diskutiert wurde eine Schwelle von 200.000 Euro pro Vermögenswert, ab der dieser ins Register aufgenommen würde. Diese Zahl geisterte durch Medien und hat vielleicht auch das deutsche VVBG beeinflusst, das mit 100.000 € eine noch niedrigere Grenze ansetzt. Allerdings ist noch nichts entschieden auf EU-Ebene – es handelt sich um Prüfungen. Vertreter der EU betonen, dass bislang keine zentrale Vermögensdatenbank konkret geplant sei und man lediglich Optionen sondiere. Dennoch: Das Thema ist politisch brisant. Befürworter argumentieren, ein EU-Vermögensregister würde Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Terrorfinanzierung viel effizienter bekämpfen, da man sofort sehen könne, wo ein Verdächtiger überall Vermögen hat Kritiker warnen vor einem massiven Eingriff in die Privatsphäre aller Bürger und vor Missbrauch (Stichwort Gläserner Bürger).
Deutschland mit dem VVBG zeigt indes, dass man nationale Lösungen vorantreibt, die sehr in Richtung eines Vermögensregisters gehen – nur eben dezentral via Registerabruf. Sollte die EU-Kommission aufgrund der Studienergebnisse einen Vorschlag machen, ein paneuropäisches Vermögensregister einzurichten, wäre Deutschland vermutlich Vorreiter bei der Umsetzung, weil die nötigen Daten hier bereits gesammelt werden. Diskutiert wird beispielsweise, ob die AMLA ein solches Register betreiben könnte, das Daten aus allen Ländern zusammenführt. Ein EU-Vermögensregister würde bedeuten: Wenn ein Bürger in Land A ein Haus, in Land B ein Boot und in Land C ein Bankkonto hat, wären all diese Informationen verknüpft abrufbar. Das wäre die Totalkontrolle über große Vermögen im EU-Raum. Noch ist das Zukunftsmusik, aber die Debatte läuft – und das VVBG liefert praktisch ein Pilotprojekt im nationalen Maßstab. Sollte das VVBG tatsächlich Gesetz werden und erste Erfahrungen vorliegen, dürften diese in Brüssel aufmerksam registriert werden.
Weitere Maßnahmen und Zusammenhänge: Neben Transparenzregister und EU-Registern gibt es noch andere Bausteine: etwa das Kontoabrufverfahren (in Deutschland etabliert, EU-weit harmonisiert), die Sanktionsregister (wo Vermögen sanktionierter Personen gemeldet werden müssen, z.B. Oligarchen), und natürlich das allgemeine Steuerinformationsabkommen CRS, bei dem Finanzkonten global gemeldet werden. All diese Instrumente verzahnen sich. Für Betroffene ergibt sich ein immer engmaschigeres Netz: Man kann sich kaum noch vorstellen, irgendwo größere Werte zu haben, ohne dass zumindest irgendein Register einen Hinweis liefert. Das VVBG nimmt diese Puzzleteile und setzt sie zu einem Gesamtbild zusammen.
Fazit dieser Vernetzung: Unternehmer und vermögende Privatpersonen sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass Transparenzpflichten für Privatvermögen kein rein deutsches Phänomen sind, sondern EU-weit voranschreiten. Das Regulierungsrad dreht sich weiter: Nach dem Transparenzregister und verschärften Geldwäschegesetzen wird mit dem VVBG und eventuell einem EU-Vermögensregister die letzte Lücke – die dezentrale Verteilung von Vermögensinfos – geschlossen. Man kann also damit rechnen, dass kreative Verstecke in Europa immer weniger funktionieren. Wer heute noch glaubt, sein Vermögen durch Wechsel ins Ausland oder komplexe Strukturen der Sicht zu entziehen, dürfte bald eines Besseren belehrt werden.
Unter dem Strich zielt alles auf denselben Zweck: Finanztransparenz herstellen, um illegale Gelder aufzudecken. Aus Sicht der Regulierung ein logischer Schritt, aus Sicht der Betroffenen jedoch eine erhebliche Zumutung, was Datenschutz und Freiheitsrechte angeht. Die Balance zwischen diesen Aspekten wird auch politisch weiter umkämpft sein (siehe nächstes Kapitel).
Politische und gesellschaftliche Debatte
Das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz löst erwartungsgemäß kontroverse Diskussionen aus. Politisch gibt es Befürworter, die das Gesetz für überfällig halten, und Kritiker, die massive Bedenken äußern – teils an Detailfragen, teils grundsätzlicher Natur. Gesellschaftlich spaltet sich die Debatte ähnlich: Auf der einen Seite steht der Ruf nach Gerechtigkeit und Sicherheit, auf der anderen die Sorge vor Überwachung und Bürokratie.
Befürworter-Argumente: Die Unterstützer des VVBG – allen voran Vertreter der Regierungskoalition (SPD, Grüne und anfangs auch FDP) sowie Strafverfolgungsbehörden – betonen den dringenden Handlungsbedarf. Deutschland habe sich zu lange als Eldorado für Geldwäsche präsentiert. Kriminelle Netzwerke hätten enorme Summen in Immobilien und Luxusgüter investiert, ohne Konsequenzen. Das VVBG sei ein wichtiger Schritt, um die Integrität des Finanzsystems zu schützen und die Bekämpfung von Finanzkriminalität zu intensivieren. Gerade im Kontext internationaler Kritik (etwa aus EU und USA) will Deutschland zeigen, dass es ernst macht. Befürworter verweisen darauf, dass ehrenwerte Bürger nichts zu befürchten hätten: Wer sein Vermögen legal erworben hat, für den ändere sich außer etwas mehr Transparenz kaum etwas. Hingegen würden Schwarzgeld und schmutzige Geschäfte endlich konsequent aufgedeckt. Auch der Aspekt der Terrorismus- und Sanktionsdurchsetzung wird hervorgehoben: Mit dem VVBG kann man etwa russischen Oligarchengeldern oder Terrorfinanzierungsnetzwerken besser nachspüren. Politisch argumentieren insbesondere SPD und Grüne, dass das VVBG unbedingt parallel zum neuen Finanzkriminalitätsgesetz kommen müsse, um der neuen Behörde gleich Zähne zu geben. Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Carlos Kasper, sagte, man brauche „zwingend dieses Instrument, um verdächtiges Vermögen zu ermitteln und einzuziehen“. Für die Befürworter steht also die Effektivität im Vordergrund: Endlich die Gewinne aus Organisierter Kriminalität abschöpfen, Profiteure ins Visier nehmen statt nur die Handlanger. Gesellschaftlich findet dieses Ziel durchaus Zuspruch – viele Bürger sind empört über Luxus, der mit illegalen Mitteln zur Schau gestellt wird, und fordern den Staat auf, hier durchzugreifen.
Kritik von Experten und Verbänden: Zu den heftigsten Kritikern zählt die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sowie der Deutsche Anwaltverein (DAV). Sie sehen im VVBG einen bedenklichen Paradigmenwechsel im Rechtsstaat. Hauptkritikpunkt: Die geplante verurteilungsunabhängige Einziehung von Vermögen unterhalb der Schwelle eines Anfangsverdachts sei verfassungswidrig. Im Klartext: Es wird moniert, dass das VVBG im Grunde die Unschuldsvermutung umkehrt – man nehme jemandem Eigentum weg, ohne ihn einer konkreten Straftat zu überführen. Das sei ein Dammbruch im Einziehungsrecht, der so nicht hingenommen werden könne. Dazu kommt die Unschärfe zwischen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung: Das VVBG ist eigentlich ein Verwaltungsverfahren, hat aber Strafcharakter. Für Juristen ein heikles Hybrid, das Zuständigkeitswirrwarr und Rechtsunsicherheit schafft. Der DAV etwa spricht von einem „bedenklichen Paradigmenwechsel“, der genau geprüft werden müsse.
Datenschutz und Freiheitsrechte: Bürgerrechtler und Datenschützer warnen vor einem Überwachungsstaat im Namen der Kriminalitätsbekämpfung. Die massenhafte Sammlung sensibler Vermögensdaten berge die Gefahr von Privatsphärenverletzungen. Man sorge sich, dass ohne ausreichenden Schutz intime finanzielle Details in staatliche Hände geraten und evtl. missbraucht werden könnten. Der Gedanke, dass Behörden anlasslos in Vermögensverhältnissen schnüffeln könnten, wird kritisch gesehen – Befürworter entgegnen allerdings, dass ja gerade kein völliger Generalzugriff erfolgen soll, sondern nur bei Verdacht (was wiederum Kritiker bezweifeln: Sie glauben, dass in der Praxis ein sehr weites Raster gelegt wird, das viele Unschuldige erfasst). Auch die Wirtschaftsfreiheit wird als Schutzgut ins Feld geführt: Unternehmerische Entscheidungen dürften nicht gelähmt werden durch allzu restriktive Kontrollen. Einige Ökonomen befürchten, strengere Vorschriften könnten Investitionen behindern und bürokratische Lasten erhöhen, was der Wirtschaft schadet – insbesondere, wenn legitime Akteure fälschlich ins Visier geraten und darunter leiden.
Bürokratie und Effizienzfrage: Selbst auf Seiten der Verfolgungsbehörden gibt es gemischte Meinungen. Einige Experten befürchten, das VVBG könne zu einer „Lawine von Verdachtsmeldungen“ führen, die Staatsanwaltschaften und Gerichte überrollen, ohne dass am Ende mehr erreicht wird. Die BRAK z.B. argumentiert, dass trotz abgesenkter Eingriffsschwelle das Gesetz in der Praxis „leerlaufen“ könnte, weil der Beweismaßstab dennoch hoch bleibt – d.h. viele Fälle würden geprüft, aber wenige erfolgreich eingezogen. Gleichzeitig bindet es Ressourcen und schafft neue Behördenstrukturen, die sich erstmal finden müssen. Das könnte paradoxerweise Zeit und Geld kosten, ohne den gewünschten Nutzen zu entfalten. Das Bundesfinanzministerium hält dagegen, man habe ja gerade aus diesem Grund eine spezialisierte Einheit geschaffen, um effizient zu arbeiten. Dennoch: Die Umsetzung muss zeigen, ob das Zusammenspiel mit Justiz und bestehenden Behörden reibungslos klappt. Die FDP etwa, ursprünglich Initiator mit Lindner, zeigte sich später skeptisch, ob die Ausgestaltung taugt – so sehr, dass sie laut Grünen das Projekt am Ende bremste. Offiziell nannte die FDP dafür zwar Koalitionsgründe, aber inhaltlich dürfte das Unbehagen gegenüber zu viel staatlichem Zugriff mitgeschwungen haben (die FDP-Klientel ist ja auch Unternehmer und Selbständige, die wenig Begeisterung für neue Meldepflichten aufbringen).
Gesellschaftliche Resonanz: In der allgemeinen Öffentlichkeit ist das Thema noch nicht so präsent wie etwa die Debatten um Bargeld-Obergrenzen oder Steuererhöhungen. Allerdings berichten Medien bereits mit markanten Schlagzeilen, z.B. „Die EU will wissen, was Sie besitzen“ oder „Brüssel beendet Privatsphäre aller Bürger“ (letzteres eher polemisch). Solche Meldungen schüren bei vielen Bürgern – auch jenen, die gar nicht reich sind – ein Unbehagen, vom Staat komplett durchleuchtet zu werden. Populistische Stimmen warnen vor dem „Gespenst des EU-Vermögensregisters“ und malen Horrorszenarien einer drohenden Enteignung an die Wand. Auf der anderen Seite gibt es kein großes Mitleid in der Bevölkerung mit tatsächlich sehr Vermögenden, die etwas Transparenz üben sollen – hier herrscht oft die Meinung, „wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten“. Allerdings trifft das eben leider auch jene, die etwas zu verbergen haben, ohne kriminell zu sein (z.B. ihre Privatsphäre). In Summe ist die gesellschaftliche Debatte noch im Gange: Es wird abzuwarten sein, wie stark sich Widerstand formiert, etwa in Form von Verfassungsbeschwerden, sollte das Gesetz kommen. Die juristischen Verbände haben bereits signalisiert, notfalls Karlsruhe anzurufen.
Politisch steht das VVBG – Stand jetzt – auf der Kippe. Nach dem Ampel-internen Streit könnte es sein, dass das Gesetz in dieser Legislatur nicht mehr beschlossen wird. Möglicherweise fließt es in Wahlkampfdebatten 2025 ein, wo dann Themen wie innere Sicherheit vs. Freiheitsrechte ausgetauscht werden. Denkbar ist auch, dass eine neue Regierung andere Akzente setzt. Die Union (CDU/CSU) hatte im Bundestag zwar für harte Maßnahmen gegen Geldwäsche plädiert, aber ob sie exakt dieses Instrument gutheißt, ist offen – teilweise kamen auch aus der CDU Forderungen eher nach einer Finanzpolizei als nach Datenpools. Die AfD und die Linke stimmten im Finanzausschuss gegen das Paket; ihre Motive sind unterschiedlich, aber beide äußerten Vorbehalte (die Linke etwa wegen Datenschutz, die AfD aus genereller Opposition gegen EU-Vorgaben).
Kurz gesagt: Die Debatte spiegelt das klassische Spannungsfeld wider: Sicherheit und Aufklärung vs. Freiheit und Eigentumsschutz. Das VVBG liegt genau zwischen diesen Polen. Es wird als großer Wurf gegen Finanzkriminalität gefeiert und zugleich als Gefahr für den Rechtsstaat kritisiert. Unternehmer und Vermögende tun gut daran, diese Debatte zu verfolgen, denn ihr Ausgang bestimmt den Rahmen, in dem sie sich künftig bewegen müssen. Die gesellschaftliche Akzeptanz wird davon abhängen, ob das Gesetz wirklich nur „die Richtigen“ trifft – sprich Kriminelle – oder ob es spürbar in den Alltag redlicher Bürger eingreift. Hier wird die Praxis zeigen, wie sorgfältig und verhältnismäßig die neuen Befugnisse angewandt werden.
Handlungsempfehlung
Das Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG) markiert einen Paradigmenwechsel in der deutschen Finanzaufsicht: Weg von der reaktiven Verfolgung einzelner Taten, hin zu einer proaktiven Aufdeckung versteckter Vermögen.
Es fügt sich in die internationale Entwicklung ein, mehr Finanztransparenz zu schaffen und illegal erworbene Gelder leichter zu identifizieren. Sollte das VVBG – in welcher Form auch immer – in Kraft treten, wird es für Unternehmer und vermögende Privatpersonen entscheidend sein, sich darauf einzustellen.
Was bedeutet das abschließend? Für die Zielgruppe der Unternehmer und Reichen einerseits größere Risiken, aber andererseits auch Gestaltungsmöglichkeiten, um vorbereitet zu sein.
Anbei einige Handlungsempfehlungen:
- Transparenz schaffen, bevor der Staat es tut: Überprüfen Sie Ihre Vermögensstruktur. Wo gibt es Unklarheiten? Sorgen Sie dafür, dass für wesentliche Vermögenswerte eine lückenlose Dokumentation der Herkunft vorliegt (Kaufverträge, Überweisungsbelege, Nachweise über Erbschaften etc.). Führen Sie am besten ein Vermögensinventar mit erklärenden Notizen. Im Idealfall sind Sie in der Lage, Ihr gesamtes Vermögen gegenüber einer Behörde darzulegen, ohne dass Verdachtsmomente entstehen. Jegliche „Leichen im Keller“ (unversteuerte Altgelder, fragwürdige Konstruktionen) sollten bereinigt werden – notfalls durch Selbstanzeige oder Umstrukturierung.
- Kritisch prüfen: Brauche ich diese komplexe Struktur? Wenn Sie Holdinggeflechte oder Offshore-Firmen nutzen, überlegen Sie, ob der Nutzen (steuerlich oder haftungsrechtlich) noch in gesundem Verhältnis zum erhöhten Compliance-Risiko steht. Gegebenenfalls kann eine Vereinfachung sinnvoll sein. Etwa statt drei Auslandsfirmen nur noch eine, oder Vermögenswerte direkt auf den eigenen Namen halten, wenn es keinen zwingenden Grund für Strohmänner gibt. Jede Intransparenz ist künftig ein rotes Tuch – daher lieber dort Transparenz herstellen, wo es möglich ist, um an anderer Stelle (wo unvermeidbar) noch glaubwürdig Diskretion wahren zu können.
- Compliance-Management stärken: Unternehmen sollten ihr Compliance-System um die Komponente Vermögensaufdeckung erweitern. Das heißt, interne Richtlinien, die sicherstellen, dass z.B. bei größeren Anschaffungen die Finanzierung sauber nachgewiesen wird, oder dass alle Registermeldungen (Transparenzregister!) korrekt und aktuell sind. Schulen Sie verantwortliche Mitarbeiter dahingehend, sensibel mit dem Thema umzugehen. Bei komplexen Transaktionen sollte man präventiv Rechtsrat einholen, um nicht unbeabsichtigt in eine Verschleierungssituation zu geraten.
- Kommunikation mit Banken und Partnern: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrer Bank oder Ihrem Vermögensverwalter. Da auch diese Institute stärker in der Pflicht sind, können sie beraten, welche Geldbewegungen oder Investments unter KYC-Gesichtspunkten kritisch wären. Gemeinsame Strategien (z.B. gestaffelte Investments statt Einmaltransaktionen, um im Monitoring nicht aufzufallen) könnten helfen, die Aufmerksamkeitsschwelle nicht unnötig zu überschreiten – allerdings stets legal, es geht nicht um neue Tricks, sondern um konformes Verhalten. Ebenso mit Geschäftspartnern: Pflegen Sie Transparenz in Geschäftsbeziehungen. Wenn Sie komplexe Deals machen (etwa Joint Ventures mit undurchsichtigen Partnern), verlangen Sie von diesen auch Offenlegung, um Ihr eigenes Risiko zu reduzieren.
- Awareness für EU-Entwicklungen: Halten Sie sich informiert über die europäische Ebene. Ein EU-Vermögensregister oder neue AMLA-Vorgaben könnten Ihr Vermögensmanagement weiter beeinflussen. International diversifizierte Vermögen bieten zwar Streuung, aber keine absolute Sicherheit vor dem Informationsaustausch. Es ist sinnvoll, sich mit Fachleuten über grenzüberschreitende Schutzmechanismen zu beraten – allerdings im Rahmen der Legalität. Hier geht es nicht um Fortführung alter Verschleierung in neuer Form, sondern um legale Gestaltung (z.B. Asset Protection Trusts in dafür vorgesehenen Rechtsordnungen, die aber transparent deklariert sind).
- Rechtsmittel und Beratung: Sollte tatsächlich eine Maßnahme nach VVBG gegen Sie eingeleitet werden, ziehen Sie umgehend einen erfahrenen Anwalt hinzu. Die Materie ist neu und komplex – Fachanwälte für Wirtschaftsstrafrecht oder Steuerrecht mit Geldwäscheexpertise werden hier gefragt sein. Es gilt, frühzeitig im Verfahren die Weichen zu stellen (z.B. freiwillige Auskünfte mit strategischem Kalkül, um Härte abzuwenden). Auch kann es angezeigt sein, notfalls gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen, wenn man eine Maßnahme als unverhältnismäßig erachtet. Die Gerichte werden sicher einige Grundsatzfragen zu klären haben, bis sich eine Praxis etabliert hat.
Abschließend bleibt festzuhalten: Das VVBG soll die Ehrlichen nicht bestrafen, aber es verlangt von ihnen, ihre Ehrlichkeit belegbar zu machen. Es ist eine Reaktion auf die wirklich Dunklen im Finanzsystem, doch sein Scheinwerferlicht wird alle anleuchten. Unternehmer und vermögende Privatpersonen sollten das weder ignorieren noch panisch fürchten, sondern aktiv gestalten, wie sie mit ihrem Vermögen unter diesen neuen Rahmenbedingungen umgehen.
Wir beraten unsere Kunden mit fundiertem Know-how und einem erfahrenen Beraternetzwerk zu rechtssicheren Schutzstrategien – individuell abgestimmt auf ihre Vermögensstruktur und Zielsetzung.
Quellen:
- Bundesministerium der Finanzen – Entwurf VVBG: Gesetz zum Schutz des Wirtschafts- und Finanzsystems vor der Verschleierung inkriminierter Vermögenswerte, veröffentlicht am 23.04.2024. (Offizielle Gesetzesbegründung und Inhalte) (Bundesfinanzministerium – Gesetz zum Schutz des Wirtschafts- und Finanzsystems vor der Verschleierung und Einbringung bedeutsamer inkriminierter Vermögenswerte (Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz – VVBG)) (Bekämpfung von Vermögensverschleierung: BRAK hält Gesetzentwurf für verfassungswidrig | Bundesrechtsanwaltskammer)
- Datev Magazin (Dr. Christine Varga-Zschau) – „Doppelt hält besser“ – VVBG neben dem Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, 26.09.2024. (Fachartikel über Inhalte, Sanktionen und Kritikpunkte des VVBG) (Doppelt hält besser – DATEV magazin) (Doppelt hält besser – DATEV magazin)
- Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) – Newsletter „Bekämpfung von Vermögensverschleierung: BRAK hält Gesetzentwurf für verfassungswidrig“, Ausgabe 13/2024 vom 26.06.2024. (Stellungnahme der BRAK mit verfassungsrechtlicher Kritik am Referentenentwurf) (Bekämpfung von Vermögensverschleierung: BRAK hält Gesetzentwurf für verfassungswidrig | Bundesrechtsanwaltskammer)
- DER SPIEGEL – „Verschleierte Vermögen: Parlamentarier fordern von Lindner Nachbesserung zu Geldwäschereform“, 26.06.2024. (Bericht zur politischen Diskussion im Bundestag, Rolle des VVBG im Ampel-Streit) (Geldwäschereform: Ampelfraktionen fordern von Christian Lindner Nachbesserung – DER SPIEGEL)
- Bundesministerium der Finanzen: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Wirtschafts- und Finanzsystems vor der Verschleierung und Einbringung bedeutsamer inkriminierter Vermögenswerte (Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz – VVBG), veröffentlicht am 23.04.2024 (Referentenentwurf und Gesetzesbegründung)
- (Bundesfinanzministerium – Gesetz zum Schutz des Wirtschafts- und Finanzsystems vor der Verschleierung und Einbringung bedeutsamer inkriminierter Vermögenswerte (Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz – VVBG)
- DATEV Magazin (Dr. Christine Varga-Zschau): „Doppelt hält besser“ – Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG), Beitrag vom 26.09.2024. (Fachartikel zu Zielen, Inhalten, Sanktionen und Kritik des VVBG)
- Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) – Newsletter Nachrichten aus Berlin 13/2024 vom 26.06.2024: „Bekämpfung von Vermögensverschleierung: BRAK hält Gesetzentwurf für verfassungswidrig.“ (Stellungnahme der BRAK mit rechtlichen Bedenken zum VVBG-Entwurf)
- DER SPIEGEL (Wirtschaft) – Artikel vom 26.06.2024: „Verschleierte Vermögen – Parlamentarier fordern von Lindner Nachbesserung zu Geldwäschereform“. (Bericht über die politischen Diskussionen im Bundestag rund um das VVBG und das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz)
- FOCUS Online – Beitrag vom 26.07.2024 (Christoph Sackmann): „Wirbel um das Vermögensregister: Was wirklich hinter den EU-Plänen steckt“. (Erklärung der EU-Pläne zu einem möglichen Vermögensregister, Hintergrund zur Machbarkeitsstudie der EU-Kommission und Einordnung der Diskussion um Schwellenwerte und Datenschutz)