Inflationsresistente Geschäftsmodelle
Inflationsresistente Geschäftsmodelle im Überblick
Inflationsresistente Geschäftsmodelle sind solche, die auch in Zeiten hoher Inflation stabile oder sogar wachsende Gewinne ermöglichen. Kennzeichnend sind oft Preissetzungsmacht (die Fähigkeit, gestiegene Kosten an Kunden weiterzugeben) oder eine konstante, unverzichtbare Nachfrage nach den Produkten/Dienstleistungen
Im Folgenden wird dargestellt, welche typischerweise als inflationssicher gelten, welche >Geschäftsmodelle sich darin besonders bewährt haben und Beispiele konkreter Unternehmen aus Deutschland und international, die damit erfolgreich sind.
Basiskonsumgüter (Grundnahrungsmittel & Waren des täglichen Bedarfs):Unternehmen, die Lebensmittel, Getränke, Hygieneartikel oder Haushaltsprodukte anbieten, gelten als besonders resistent gegen Inflation. Diese Güter werden unabhängig von der wirtschaftlichen Lage weiterhin nachgefragt – auf Luxus können Verbraucher verzichten, auf Grundbedarf nicht. Zudem besitzen viele Konsumgüterkonzerne starke Marken und Preissetzungsmacht, sodass sie steigende Rohstoff-, Transport- oder Lohnkosten an die Kunden weitergeben können, ohne Absatzverluste. Dies erhält die Margen selbst bei Inflation. Beispiele sind globale Konsumriesen wie Nestlé oder Procter & Gamble, die dank Markenloyalität Preiserhöhungen durchsetzen können. Auch sogenannte “Sin Stocks” wie Tabakkonzerne (z. B. BAT, Altria) gehören dazu, da ihre suchtinduzierten Produkte eine preisinelastische Nachfrage haben und regelmäßige Dividenden bieten.
Energie und Versorger: Die Energiewirtschaft profitiert oft direkt von Inflation, da Öl-, Gas- und Strompreise in inflationsgetriebenen Phasen tendenziell stark ansteigen. Öl- und Gaskonzerne (z. B. ExxonMobil, Shell) erzielen dann höhere Umsätze und Gewinne – sie wirken somit als “natürlicher Inflationsschutz” für Anleger. Gleichzeitig verfügen Versorgungsunternehmen (Strom-, Gas-, Wasserversorger) über regulierte Preismechanismen oder Verträge, die es erlauben, gestiegene Kosten an Verbraucher weiterzureichen. Die Nachfrage nach ihren Leistungen ist unverzichtbar und relativ konstant, selbst in Krisenzeiten. Viele Versorger dürfen Gebühren nach behördlicher Genehmigung anpassen oder haben lange Lieferverträge, was die Erlöse inflationssicher macht. Ein Beispiel ist der deutsche Stromversorger RWE, der zuletzt von hohen Strompreisen profitierte. Insgesamt zählen Energie, Rohstoffe und Versorger zu den Sektoren, die in inflationsreichen Zeiten überdurchschnittlich gut performen – 2022 etwa legten Aktien aus Energie, Rohstoffindustrie und Versorgung deutlich zu, während der Gesamtmarkt litt.
Gesundheitswesen: Gesundheitsprodukte und -dienstleistungen werden “immer gebraucht” – unabhängig von Konjunktur und Inflation. Pharmazeutische Unternehmen, Medizintechnik-Hersteller, Kliniken und Gesundheitsdienstleister gelten daher als defensiv und inflationsresistent. Zum einen ist die Nachfrage demografisch und medizinisch bedingt stetig (alternde Gesellschaften, chronische Krankheiten etc.), zum anderen können große Pharmakonzerne oft Preise für Medikamente erhöhen, da ihre Produkte teils lebensnotwendig und patentgeschützt sind. Patente sichern langfristig hohe Gewinnmargen ab.
Darüber hinaus werden Gesundheitsleistungen in vielen Fällen von Versicherungen oder staatlichen Trägern mitfinanziert, was die Einnahmenseite stabil hält. Beispiele: Konzerne wie Johnson & Johnson oder Pfizer haben ein diversifiziertes Portfolio und Marktmacht zur Preisgestaltung.
In Deutschland steht etwa Fresenius (Kliniken, Dialyse) für ein krisenresistentes Gesundheitsmodell mit langfristig gesicherten Erlösen (z. B. durch Versorgungsverträge im Klinikbereich). Insgesamt hat sich der Gesundheitssektor historisch als stabil erwiesen, selbst in Hochinflationsphasen.
Immobilien: Sachwerte wie Immobilien gelten traditionell als Inflationsschutz, da ihr Realwert mit dem Preisniveau mitsteigen kann. Besonders vermietete Immobilien bieten einen laufenden Inflationspuffer: Mietverträge – vor allem im gewerblichen Bereich – enthalten häufig indexierte Mietklauseln, die an den Verbraucherpreisindex gekoppelt sind. Dadurch erhöhen sich Mieteinnahmen automatisch bei Inflation. (Bei Wohnimmobilien ist dieser Mechanismus aufgrund von Mietregulierung etwas gebremst, aber prinzipiell können auch hier im Rahmen gesetzlicher Spielräume Mieten über die Jahre angepasst werden.)
Zudem bleiben Wohnungen ein Grundbedarf – selbst wenn Preise steigen, wird Wohnraum weiterhin benötigt. Immobilienunternehmen und REITs (Real Estate Investment Trusts), die breit in Immobilien investieren, konnten in der Vergangenheit die Dividendenausschüttungen über der Inflationsrate steigern.
Hintergrund ist, dass Mieten und Immobilienwerte tendenziell steigen, wenn allgemein die Preise steigen, zumal viele gewerbliche Mietverträge Inflationsklauseln enthalten. So bieten Immobilienbesitzer und REITs in der Regel einen verlässlichen Einkommensstrom auch in inflationsreichen Zeiten. Allerdings können steigende Zinsen (als Reaktion auf Inflation) gegenläufig wirken, indem Finanzierungskosten steigen – hochwertige Immobilien in guten Lagen mit langfristigen Fix-Zinsen bleiben aber meist wertstabil.
Wohnungsunternehmen wie Vonovia indexieren einen Teil ihrer Mietverträge und profitieren von knapper werdendem Wohnraum. Gewerbe-REITs wie etwa der US-Mall-Betreiber Simon Property Group oder Logistik-REITs wie Prologis können Mieten bei Neuvermietung zügig anpassen und so die Geldentwertung ausgleichen.
Infrastruktur: Auch Infrastrukturwerte werden als sehr inflationsresistent eingeschätzt. Unternehmen, die kritische Infrastruktur (z. B. Verkehrswege, Telekommunikationsnetze, Energie- und Wassernetze) betreiben, agieren häufig als Monopolisten oder in oligopolistischen Märkten. Ihre Erlöse ergeben sich aus Gebühren, Nutzungsentgelten oder Mautsystemen, die langfristig vertraglich geregelt und oft direkt an Inflationsindizes gekoppelt sind.
So besitzen Betreiber von Telekommunikationstürmen, Häfen oder Mautstraßen in der Regel vertraglich vereinbarte jährliche Preissteigerungen (z. B. % pro Jahr oder CPI-indexiert), was sie unempfindlich gegenüber hoher Geldentwertung macht. Ein Beispiel: Bei Mobilfunkmasten ist die Standortanzahl begrenzt, Anbieter wie American Tower können ihren Mietern (Mobilfunkbetreibern) jährlich rund 3 % höhere Gebühren berechnen, da diese auf die Masten angewiesen sind. Ähnlich dürfen viele Autobahn-Betreiber die Maut jährlich anziehen. Auch Telekom-Konzerne mit Abo-Verträgen für Internet/Telefonie profitieren von der stabilen Nachfrage und können Preise in Maßen erhöhen. Insgesamt reagieren Infrastruktur-Unternehmen wenig sensibel auf Inflation, da Einnahmen und Gebühren mitklettern.
<strong“>Zusammenfassung: Als klassische “Inflationsgewinner” gelten Basiskonsumgüter, Energie (inkl. Versorger), Gesundheitswesen und Versorgungs-Infrastruktur, da sie entweder hohe Preismacht besitzen oder essenziellen Bedarf decken. Diese Sektoren haben auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine stabile Nachfrage und können Inflation oft an ihre Kunden weiterreichen.
Im Inflationsumfeld haben sich einige Geschäftsmodell-Typen als besonders robust erwiesen – teils überlappend mit obigen Branchen:
Regulierte Versorger: Energie- und Wasserversorger mit regulierten Tarifen oder staatlich vorgegebenen Renditen können gestiegene Kosten praktisch “durchreichen”. Ihre Gewinnspanne wird durch Inflationsaufschläge oder Periodische Anpassungen geschützt. Da Strom, Wärme, Wasser etc. Grundbedürfnisse sind, bleibt der Absatz stabil. Dieses Modell bietet planbare Einnahmen, oft sogar mit vertraglich garantiertem Inflationsausgleich. Beispiel: Lokale Stadtwerke oder Netzbetreiber, deren Netzentgelte regelmäßig an höhere Kosten angepasst werden dürfen.
Immobilieninvestments (REITs): Real Estate Investment Trusts und ähnliche Immobilienholdings setzen auf Mieteinnahmen, die bei Inflation steigen. Viele Mietverträge – speziell im Gewerbe – enthalten Indexklauseln (CPI-Kopplung), oder die Mietdauer ist so kurz (z. B. Monatsmieten bei Selfstorage, Jahresmieten bei Wohnungen), dass regelmäßig neu zu höheren Preisen vermietet werden kann. So wachsen die Cashflows dieser Geschäftsmodelle mit der Inflation mit. REITs haben historisch ihre Dividenden im Schnitt schneller gesteigert als die Teuerungsrate, was ihren Ruf als Inflationsschutz bestätigt.
Abonnement-Modelle: Unternehmen mit laufenden Abo-Erlösen (z. B. Software-as-a-Service, Medien/Streaming-Abos, Wartungsverträge, Telekommunikation) verfügen über rezesssionsfeste, wiederkehrende Umsätze. Kunden bleiben aus Gewohnheit oder wegen fehlender Alternativen oft lange im Abo, selbst wenn die Preise moderat steigen. Viele Dienstleister in diesem Bereich haben in Verträgen jährliche Preisanpassungen vorgesehen oder können nach einiger Zeit Gebühren erhöhen, ohne die Mehrheit der Kunden zu verlieren. Ein Beispiel ist Microsofts Office-365-Softwareabo: Über Jahre wurden zusätzliche Funktionen geschaffen, die Nutzerbasis wuchs – 2022 führte Microsoft erstmals Preiserhöhungen von 8–25 % je nach Abo-Typ durch, ohne große Abwanderung der Kunden. Diese Pricing-Power sorgt in Inflation für mehr Erlös pro Kunde. Ähnlich verhält es sich bei Streamingdiensten oder Cloud-Plattformen: Das Abo-Prinzip fungiert als Puffer, da regelmäßige Zahlungen eingehen und Preiserhöhungen meist direkt mehr Umsatz bedeuten.
Transaktionsbasierte Modelle (z. B. Zahlungsnetzwerke): Geschäftsmodelle, die prozentual vom Transaktionswert profitieren, bauen einen automatischen Inflationsausgleich ein. Kreditkarten-Netzwerke wie Visa oder Mastercard etwa erhalten bei jeder Zahlung einen Gebührenprozentsatz. Wenn also die Preise für Waren und Dienstleistungen steigen (Inflation), steigt der absolute Gebührenbetrag pro Transaktion automatisch mit. Visa und Mastercard verfügen somit über einen “natürlichen Inflationsschutz” in ihrem Model.
Dies war 2022 gut sichtbar: Trotz Marktvolatilität konnten beide ihre Umsätze und Aktienkurse steigern, da höhere Preise im Handel direkt höhere Gebühreneinnahmen bedeuteten. Ähnlich profitieren z. B. Zahlungsabwickler oder Maklerhäuser mit umsatzabhängigen Provisionen von nominal steigenden Transaktionswerten. Wichtig ist, dass die Kostenbasis dieser Unternehmen nicht im gleichen Maß mitsteigt – bei den genannten Karten-Netzwerken sind die zusätzlichen Gebühren fast vollständig Gewinn.
Geschützte Monopole & Lizenzen: Ein weiterer Modell-Typ mit Inflationsresistenz sind Unternehmen, die durch Markteintrittsbarrieren oder Schutzrechte ihre Preise weitgehend frei gestalten können. Dazu zählen z. B. Pharmafirmen mit Patenten – sie können die Preise für ein unersetzliches Medikament auch bei Inflation erhöhen, ohne Marktanteile zu verlieren (bis das Patent ausläuft). Auch Infrastruktur-Monopolisten (siehe oben) und manche Technologieanbieter mit Quasi-Monopolen (z. B. Halbleiterausrüster wie ASML mit einmaliger Technologie) können ihre Konditionen diktieren. Diese Modelle sind durch Preissetzungsmacht und oft langfristige Verträge gekennzeichnet, die für stabile, inflationsgeschützte Gewinne sorgen.
Die folgende Tabelle zeigt Beispiele inflationsresistenter Geschäftsmodelle – jeweils ein Unternehmen aus Deutschland und ein internationales Pendant – inklusive kurzer Einordnung des Modells und der Gründe für die Inflationsresilienz:
Branche/Modell | Deutsches Beispiel | Internationales Beispiel |
---|---|---|
Energie & Versorger | RWE AG – großer Stromerzeuger und Versorger. Profitiert von höheren Strom- und Gaspreisen; kann Kosten über regulierte Tarife weitergeben. | ExxonMobil (USA) – integrierter Öl- & Gaskonzern. Rohstoffpreise steigen mit Inflation, was Umsatz und Margen erhöht. |
Basiskonsumgüter | Beiersdorf AG – Hersteller von Pflegeprodukten (Nivea u.a.). Produkte des täglichen Bedarfs mit konstanter Nachfrage; starke Marken erlauben Preiserhöhungen ohne Absatzeinbruch. | Nestlé S.A. (CH) – weltgrößter Lebensmittelkonzern. Grundnahrungsmittel und Getränke bleiben stets gefragt; breite Markenpalette mit Preissetzungsmacht. |
Gesundheitswesen | Fresenius SE & Co. KGaA – Gesundheitskonzern (Kliniken, Dialyse). Erzielte Einnahmen sind oft gesetzlich oder vertraglich abgesichert; Nachfrage nach Gesundheitsleistungen ist konjunkturunabhängig konstant. | Johnson & Johnson (USA) – Pharma- und Medtech-Konzern. Diversifiziertes Portfolio an Medikamenten und Medizinprodukten; viele Produkte patentgeschützt, was dauerhaft hohe Margen sichert. |
Immobilien (REITs) | Vonovia SE – größter deutscher Wohnungsvermieter. Profitiert vom Betongold-Effekt: Wohnraum bleibt gefragt, Mieten können über Indexmieten oder Neuvermietung angepasst werden. Immobilienwerte steigen langfristig mit Baukosten und Inflation. | Simon Property Group (USA) – führender Shopping-Center-REIT. Gewerbliche Mietverträge enthalten Inflationsklauseln; Immobilienwerte und Mieten tendieren nach oben, was Dividenden und Erträge stützt. |
Infrastruktur | Deutsche Telekom AG – Telekommunikationsanbieter mit hoher Marktabdeckung. Erlösmodell basiert auf langfristigen Telefon-/Internetverträgen (Abo-Modell); stabile Einnahmen und Preisanpassungen möglich. | American Tower Corp. (USA) – Betreiber von Mobilfunkmasten (Infra-REIT). Langfristige Mietverträge mit Fixerhöhungen (~3%) oder CPI-Koppelung; unverzichtbare Infrastruktur, sehr krisenfest. |
Abonnement-Modelle | SAP SE – Anbieter von Unternehmenssoftware. Wandel zum Cloud-Abo (SAP S/4HANA Cloud) sorgt für stetige Erlöse; Unternehmenskunden sind gebunden, jährliche Preissteigerungen durchsetzbar. | Microsoft Corp. (USA) – Software-Riese mit Subscription-Modellen (z. B. Office 365). Preissteigerungen um 10–25% wurden erfolgreich umgesetzt; hohe Kundenabhängigkeit verleiht Preissetzungsmacht. |
Zahlungsverkehr | Kein großes börsennotiertes Pendant – Kartenzahlungen in D laufen über internationale Netzwerke. | Visa Inc. / Mastercard Inc. (USA) – Kreditkarten-Netzwerke. Erhalten pro Transaktion eine prozentuale Gebühr; bei Inflation steigen Warenpreise und damit automatisch die Gebühreneinnahmen je Kauf. |
Gründe für die Resilienz: Zusammenfassend sind diese Unternehmen erfolgreich, weil sie entweder unerlässliche Güter/Dienstleistungen anbieten, vertraglich gesicherte Einnahmen besitzen oder dank Marktstellung Preise nach Belieben anheben können. Ihre Geschäftsmodelle weisen eingebaute Inflationsschutz-Mechanismen auf – sei es durch Indexierung von Erlösen, Preissetzungsmacht bei essentiellen Produkten oder automatische Umsatzskalierung mit steigenden Preisen.
Dies macht sie in Hochinflationsphasen stabil oder gar überdurchschnittlich profitabel, während weniger resiliente Geschäftsmodelle (z. B. Luxusgüter, stark wettbewerbsintensive Produkte ohne Preismacht) unter Margendruck geraten. Unternehmen mit inflationsresistenten Modellen bieten Investoren somit einen gewissen Schutz vor Kaufkraftverlust und bleiben selbst in schwierigem makroökonomischem Umfeld robust.
Quellen: Die Aussagen stützen sich auf aktuelle Finanzanalysen und historische Beobachtungen. Beispielsweise heben Vermögensverwalter hervor, dass insbesondere Basiskonsumgüter, Energie, Gesundheitswesen und Versorgung als inflationssichere Sektoren gelten captrader.com
Studien zeigen, dass Infrastrukturgebühren oft inflationsindexiert sind magazin.comdirect.de
und Immobilienwerte/Mieten mit Inflation steigen wealthmanagement.com
Unternehmen mit starker Markenstellung oder Monopolrenten können Preissteigerungen durchsetzen und so die Gewinnmarge halten captrader.com alliancebernstein.com
Besonders Geschäftsmodelle mit wiederkehrenden Erlösen – etwa Abos oder Transaktionsgebühren – ermöglichen einen natürlichen Inflationsausgleich der Einnahmen aktienwelt360.de
Diese Kombination aus Nachfrage-Resilienz und Preismacht ist das Erfolgsrezept inflationsresistenter Geschäftsmodelle.